Ferguson/Albany - Nach der ausgebliebenen Anklage des Todesschützen von Michael Brown weiten sich die Proteste gegen Polizeigewalt in den USA aus. Mehr als hundert Protestmärsche in mehr als 30 Bundesstaaten zählte der Fernsehsender CNN am Dienstag. In 170 Städten sei der Verkehr blockiert oder gänzlich lahmgelegt worden.

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Ausschreitungen in Oakland in der Nacht auf Mittwoch.
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US-Präsident Barack Obama verurteilte die Gewalt und rief zum Dialog auf. Obama sagte, Gebäude und Autos in Brand zu setzen und Menschenleben zu gefährden, sei keine konstruktive Antwort. "Dafür gibt es keine Entschuldigung." Solche Taten müssten bestraft werden. Er betonte aber auch, dass "die Frustration, die wir gesehen haben", nicht nur auf ein spezielles Ereignis zurückgehe. Viele Menschen in den USA hätten das Gefühl, dass die Gesetze nicht immer einheitlich und fair angewandt würden.

In Los Angeles gab es Proteste, nach Angaben lokaler TV-Sender wurden drei Menschen festgenommen. Auch in New York marschierten Hunderte Demonstranten vom Manhattans Union Square zum Times Square und nach Harlem. Ein Teilnehmer sagte CNN, er wolle nur helfen, Veränderungen einzufordern. Er habe sich spontan dem Protestzug angeschlossen. "Manchmal werde ich aufgrund meiner Hautfarbe diskriminiert." In San Francisco zogen etwa 500 Menschen zur örtlichen Polizei.

Am New Yorker Union Square protestieren die Demonstranten mit erhobenen Händen - jener Geste, die Michael Brown kurz vor seinem Tod gemacht haben soll.
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Die Demonstrationen verliefen zunächst überwiegend friedlich. In der Kleinstadt Ferguson, wo der unbewaffnete schwarze Teenager vor drei Monaten von dem weißen Polizisten Darren Wilson niedergeschossen worden war, versammelten sich erneut zwischen 200 und 300 Menschen vor der Polizeistation.

An mehreren Stellen lösten Polizisten und Mitglieder der Nationalgarde Proteste auf, vereinzelt wurde Tränengas eingesetzt. Ein Polizeiauto ging in Flammen auf. Nach Angaben der örtlichen Polizei wurden 44 Menschen verhaftet, in der Nacht auf Montag waren bereits 61 Menschen festgenommen worden. Auch in Atlanta, Boston, Denver und Dallas gab es Proteste, wie CNN berichtete.

Auch in Los Angeles versammelten sich zahlreiche Demonstranten.
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Polizist würde nicht anders handeln

In Ferguson waren in der Nacht auf Dienstag schwere Unruhen ausgebrochen. Es gab Plünderungen, Häuser wurden in Brand gesetzt. Auslöser war die Entscheidung der Geschworenenjury, dass Wilson nicht angeklagt wird.

Dieser meldete sich erstmals öffentlich zu Wort. Er bedauere den Tod Browns, würde aber nicht anders handeln, sagte Wilson dem TV-Sender ABC. Er habe im August um sein Leben gefürchtet und nur seine Arbeit getan. Er habe ein reines Gewissen, sagte Wilson nach Angaben des Senders. Danach gefragt, ob er auch so gehandelt hätte, wenn Brown weiß gewesen wäre, sagte der Polizist: "Ja, (...) keine Frage."

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Proteste in Ferguson gibt es seit der Entscheidung, dass der Polizist Darren Wilson nicht angeklagt wird.
Foto: EPA/ALEXEY FURMAN

2.200 Soldaten in Ferguson stationiert

Um erneute Unruhen in Ferguson zu verhindern, war die Nationalgarde massiv verstärkt worden. Es würden 2.200 Soldaten in der Kleinstadt und ihrer Umgebung stationiert, sagte der Gouverneur des Bundesstaats Missouri, Jay Nixon. Am Vortag waren es lediglich 700 gewesen. "Die Gewalt, die wir gesehen haben, darf sich nicht wiederholen", sagte Nixon.

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Polizei und Nationalgarde in der Nacht auf Mittwoch vor der Polizeistation in Ferguson.
Foto: EPA/LARRY W. SMITH

Die Entscheidung der Jury bedeutet nicht, dass der Fall nicht juristisch aufgearbeitet wird. Justizminister Eric Holder machte klar, dass auf Bundesebene wegen des Todes des 18-jährigen Brown sowie wegen des Verhaltens der Polizei bei den folgenden Unruhen ermittelt werde.

Der Bürgermeister von Ferguson, James Knowles, sagte, es sei noch keine Entscheidung zur beruflichen Zukunft des Polizisten gefällt worden. Der 28-jährige Darren Wilson ist seit August beurlaubt, wird aber weiterhin bezahlt. Er hat ausgesagt, sich von Brown bedroht gefühlt und daher aus Notwehr gehandelt zu haben. Dem Fernsehsender ABC sagte Wilson, er habe ein reines Gewissen, weil er seine Arbeit richtig gemacht habe. Er hätte den Tod des Teenagers nicht verhindern können. Wilsons Anwalt sagte später auf CNN, die Karriere seines Klienten als Polizeioffizier sei beendet. (APA/red, 26.11.2014)