Unternehmerin Eveline Steinberger-Kern inmitten von coolem Mobiliar, wie man es auch in den 1980er-Jahren zu schätzen wusste.

Foto: ATV/Klartext

Wer gern früh zu Bett geht, hat mit Talkshows ein Problem. Sie laufen spät abends, dauern lange, und dann wird das Ganze noch unnötig tief in die Nacht hineingezogen, weil das Publikum die eine oder andere geäußerte Meinung sekundenlang mit Verve beklatscht, sich die Gäste unablässig ins Wort fallen, woraufhin die Moderatorinnen oder Moderatoren zum x-ten Mal erklären müssen, dass die (längst schlafenden) Menschen vor den TV-Geräten so bestimmt nichts verstehen.

"Klartext" auf ATV klingt nach einer verlockenden Alternative. Getrennt voneinander befragt Martin Thür seine Gäste jeden Montag. Auch spät, um 22.20 - dafür ist nach 20 Minuten Schluss. Und die wechselnden Settings, an denen die Gäste interviewt werden, halten auch wach. Um die Frauenquote ging es diese Woche. Thür befragte dazu Familienministerin Sophie Karmasin vor dem Hintergrund der typischen Wiener Winternebelglocke und spürte der Semantik von "leichtverdaulicher Flexiquote" nach.

Lagerhallen-Optik und Sigourney Weaver

Von der ehemaligen Nationalratsabgeordneten Sonja Ablinger will er vor der abendlichen Skyline - es bleibt urban - wissen, ob sie wirklich gern Quotenfrau gewesen wäre. Das fescheste Setting gab es aber bei Unternehmerin Eveline Steinberger-Kern: minimalistische 80er-Jahre-Lagerhallen-Optik, die an "Die Waffen der Frauen" (1988) mit Sigourney Weaver und Melanie Griffith erinnert - der Film lieferte eine zarte Kritik an der männlich dominierten Finanzwelt.

Minimalismus funktioniert auch für den Rest: drei klare Positionen, die Thür mit den richtigen Fragen souverän herausarbeitet. In 20 Minuten passiert hier mehr Meinungsbildung als in so manchem Talkshowmarathon. Bravo. (Beate Hausbichler, DER STANDARD, 26.11.2014)