Wien - Weiter warten heißt es auf die Wiener Wahlrechtsreform: Aus dem Vorhaben, die neue Regelung noch in der letzten regulären Landtagssitzung am Donnerstag über die Bühne zu bringen, wird nämlich nichts. Sowohl SPÖ-Klubchef Rudolf Schicker als auch sein grünes Pendant, David Ellensohn, bestätigten, dass ein Beschluss in diesem Jahr nicht mehr kommen werde.

Schicker verwies am Montag zwar darauf, dass theoretisch heuer zwar noch ein Sonder-Landtag einberufen werden könnte, sollte man sich doch noch schnell einigen. Das sei aber hinsichtlich der vielen Termine im Advent und der Weihnachtsferien zeitlich nicht mehr machbar. "Wir sind noch nicht fertig", so Ellensohn: "Die nächste Chance gibt es im Jänner."

Seit drei Jahren wird an neuem Wahlrecht gebastelt

Es werde jedenfalls, so Schicker, noch einen Beschluss "in schönem Abstand zur Wien-Wahl" geben, die regulär Anfang Oktober stattfinden wird - wobei eine Vorverlegung auf Ende Juni derzeit von der Stadtkoalition aber nicht ausgeschlossen wird.

Die rot-grüne Stadtregierung ringt seit mittlerweile mehr als drei Jahren um ein neues Wahlrecht. Einziger noch offener Knackpunkt ist jener Berechnungsschlüssel, nach dem künftig der errungenen Stimmenprozente in Gemeinderatsmandate umgelegt werden. Die derzeitige Methode begünstigt die stimmenstärkste Partei - also die SPÖ - überproportional. Insofern wollen die Roten diesen Verstärker möglichst wenig dezimieren. Die Grünen wollen indes eine Berechnung, welche die Stimmen möglichst 1:1 in Mandaten abbildet.

Gespräche gibt es laut SPÖ-Klubchef laufend: "Derzeit werden viele Alternativen diskutiert." Sollte man zu keiner Lösung finden, gebe es keinen Plan B. Eine Abstimmung im koalitionsfreien Raum schloss er jedenfalls aus. Für Schicker müssen sich beide Seiten noch für einen Kompromiss bewegen. Ellensohn sieht das offenbar nicht ganz so: "Das höre ich zur Hälfte sehr gerne."

Budget im Gemeinderat

Am Montag hat im Wiener Gemeinderat außerdem der zweitägige Debattenmarathon rund um das Budget des kommenden Jahres begonnen. Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) stellte zum Auftakt den Voranschlag 2015 vor und verteidigte dabei die prognostizierte Neuverschuldung von 221 Mio. Euro. Denn gerade in der Krise brauche es Investitionen, "damit das Werkl läuft".

Das rot-grüne Zahlenwerk sorge für jene Handlungsfähigkeit, die man angesichts der wachsenden Stadt brauche, zeigte sich die Ressortchefin überzeugt. Wobei die Rahmenbedingungen alles andere als einfach seien. Denn seit Beginn der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 habe Wien Mindereinnahmen von rund 2,5 Mrd. Euro hinnehmen müssen. Zudem sei für 2015 so gut wie kein Konjunkturwachstum erwartbar. "Genau deshalb drehen wir aber den Investitionshahn nicht zu", versicherte Brauner.

Schuldenberg der Stadt wächst um 221 Millionen Euro

Das Wiener Budget 2015 sieht Einnahmen von 12,52 Mrd. Euro bei Ausgaben von 12,74 Milliarden Euro vor. Der Schuldenberg der Stadt wächst somit um 221 Millionen Euro und klettert voraussichtlich auf etwa 5,1 Mrd. Euro. "Ich höre es jetzt schon tönen: 'Hilfe, Hilfe, Wien steht vor dem Untergang'", dabei stehe die Stadt "absolut nicht vor dem Ruin", beeilte sich Brauner zu ergänzen. Denn der Schuldenstand betrage hier gerade einmal sechs Prozent der Wirtschaftsleistung, die EU erlaube den Mitgliedsländern gar eine 60-Prozent-Quote. Außerdem verringere sich die Neuverschuldung jährlich.

Die Finanzstadträtin hielt erneut ein Plädoyer für mehr öffentliche Investitionen statt einseitiger Sparpolitik auf Europaebene. Wien handle entsprechend. 1,72 Milliarden Euro und damit genau so viel wie heuer macht das Rathaus beispielsweise für Gesundheit, Bildung und Infrastruktur locker. Brauner sprach sich dabei einmal mehr dafür aus, nachhaltige Investitionen aus dem Stabilitätspakt herauszunehmen - also dafür auch künftig Schulden machen zu dürfen.

Opposition kritisiert "Rekordverschuldung"

Die Wiener Opposition ist mit dem Voranschlag für 2015 nicht zufrieden: FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sprach zum Auftakt der Debatte am Montag im Gemeinderat von einem "peinlichen" Budgetund einer "Misere". Wiens VP-Chef Manfred Juraczka höhnte über eine "defensive Budgetrede" von Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ): "Das ist eher wirtschaftspolitische Bunkerstimmung, die sich hier breitmacht."

Laut Gudenus beträgt der Schuldenstand in Wien rund 10 Mrd. Euro, nämlich dann, wenn ausgelagerte Betriebe dazugezählt würden. Gleichzeitig seien in Wien die Gebühren erhöht worden, was wiederum einen Anstieg der Armut zur Folge gehabt habe. Gudenus forderte Brauner schließlich zum Rücktritt auf.

VP-Landesobmann Juraczka kritisierte ebenfalls die "Rekordverschuldung". Ein Finanzminister, der sich das traue, würde "mit dem nassen Fetzen aus dem Amt gejagt", zeigte sich der Chef der Stadt-Schwarzen überzeugt. Er staunte auch darüber, dass 56 Prozent der österreichischen Mindestsicherungsbezieher in Wien leben würden. Auch die Arbeitslosigkeit sei hoch. In Wien seien inzwischen mehr Menschen ohne Job als es in Ottakring Einwohner gebe, rechnete Juraczka vor. (APA, 24.11.2014)