Wien - Ein "Standpunkt", zwei Männer, drei Kulturen, neun Musikstücke, 26 Buchstaben und ungefähr ebenso viele Objekte im Wiener Brut-Theater. Mit diesen Werkzeugen machen sich der aus Japan stammende Wiener Choreograf Michikazu Matsune und der Moskauer Künstler Maxim Ilyukhin zurzeit einen Karl über die Idee eines Objective Point of View, einer objektiven Betrachtungsweise.

Dafür stellen sich Matsune und Ilyukhin selbst auf die Bühne, an deren linker und rechter Seite zu Beginn allerlei Dinge warten. Ein Wort aus nebeneinander auf den Tanzboden gestellten Großbuchstaben dominiert die Szene: "Nowhere". Die beiden Performer sprechen Englisch, einer mit japanischem, der andere mit russischem Akzent. Und sie bedienen sich eines Alphabets, das anders ist als jenes, mit dem sie aufgewachsen sind.

Entlang der lateinischen Buchstabenordnung werden Netze aus Anekdoten, Assoziationen, Begriffen - A für Air, B für Brain, C für Coke, D für Dance und so weiter -, Identitätsspielen, Sprachbildern und Witzen geknotet. Es geht um Gewissheitsfragen rund um Zeichen und deren Bedeutungen respektive darum, welche Wirkungen durch bestimmte Veränderungen von Zeichen erzeugt werden können.

Das von den Künstlern gewählte Wort zu jedem Buchstaben des Alphabets kann dabei hoch aufgeladen sein, wie etwa "Xenophilia", oder auch von bestechender Banalität ("Yes"). Der Trick bei dem Spiel sind die mit den Begriffen verbundenen Objekte und Handlungen. Da kann die Bedeutung eines Begriffs schon einmal schief werden oder das Objekt seiner Eindeutigkeit verlustig gehen.

Virtuosität darf dabei nicht fehlen. Matsune schafft es, einen verdrehten Rubik's Cube auf die Sekunde genau zum Ende einer begleitenden Musiknummer auf sechs einheitliche Farbflächen zu stellen. Und Ilyukhin versucht, das Publikum mit dem Ausdruck "Sushism" zu beeindrucken - was auch gelingt. Begeisterter Applaus am Ende. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 22.11.2014)