Die Uhr tickte: Weil die vom Verfassungsgerichtshof gesetzte Frist am 31. Dezember ausgelaufen wäre, haben sich SPÖ und ÖVP in aller Stille auf Änderungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes geeinigt. So werden Eizellenspenden und eine künstliche Befruchtung für lesbische Paare möglich, das Verbot, Embryonen auf Erkrankungen zu untersuchen, wird gelockert. Das ist ein großer Schritt für Paare mit Kinderwunsch. Denn vieles, was medizinisch längst möglich und auch aus ethischen Gründen vertretbar ist, war in Österreich bisher nicht erlaubt.

Es ist progressiven Richtern zu verdanken, dass sich die Politik endlich bewegt. Das Fortpflanzungsmedizingesetz in Österreich ist 22 Jahre alt - obwohl es gerade im medizinischen Bereich erhebliche Fortschritte gab und sich die Gesellschaft stark verändert hat. Der Kinderwunsch homosexueller Paare wird inzwischen auch in ÖVP-Kreisen als legitim angesehen.

Durch die Blockade von konservativen Kreisen in der ÖVP und die Kritik der katholischen Kirche hatte Österreich nach Einschätzung von Experten das restriktivste Regelwerk innerhalb der EU. Es war höchst an der Zeit, Positionen, die auf überkommenen gesellschaftlichen Vater-Mutter-Kind-Bildern aufbauen, zu überwinden.

Außerdem wird es für alle Frauen leichter, ihren Kinderwunsch mithilfe anerkannter medizinischer Methoden zu erfüllen, wenn dies auf natürlichem Wege nicht klappt. Unerfüllter Kinderwunsch belastet. Wer eine Eizellenspende in Anspruch nehmen wollte, musste bisher ins Ausland reisen - was mit erheblichen Kosten verbunden war und eine soziale Ungerechtigkeit darstellte.

Behauptungen, dass nun eine Fortpflanzungsindustrie begründet werde und nur noch Designerbabys erzeugt werden, sind unbegründet. Die Gesetzesnovelle setzt in vielen Bereichen klare Grenzen. So ist das Aufbewahren von befruchteten Eizellen für eigene Zwecke, das US-Konzerne ihren Mitarbeiterinnen finanzieren wollen und das jüngst für Aufregung sorgte, richtigerweise weiter nicht erlaubt. Genauso darf die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) nur unter strengen Auflagen angewendet werden - etwa wenn eine Frau bereits drei Fehlgeburten hatte und eine Prädisposition abgeklärt wird. In Deutschland, wo Gentests an Embryonen nur dann erlaubt sind, wenn aufgrund genetischer Veranlagung der Eltern eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder eine Tot- oder Fehlgeburt wahrscheinlich ist, geht man von 200 Fällen pro Jahr aus.

In Österreich ist Leihmutterschaft weiter verboten, womit dem Argument der Geschäftemacherei der Boden entzogen wird. Dass aber alleinstehende Frauen keine Samenspende annehmen dürfen, ist ungerecht. Die Festschreibung der Altersgrenzen bei einer Eizellenspende - Empfängerinnen dürfen nicht älter als 45, Spenderinnen müssen jünger als 30 Jahre alt sein - erscheint willkürlich.

Eine breite Diskussion in der Politik und der Öffentlichkeit wurde bisher bewusst vermieden, selbst ÖVP-Abgeordnete wurden überrascht. Die kurze Begutachtungsfrist endet am 1. Dezember, wichtige Details sind noch offen. Im Parlament sollte diese Debatte nachgeholt werden, denn es ist wichtig, gerade bei so einem Thema Argumente auszutauschen. Wie in Deutschland bei der Abstimmung 2011 sollte dann auch der Klubzwang aufgehoben werden - um eine Gewissensentscheidung zu ermöglichen. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 22.11.2014)