Alexander Van der Bellen wird wollen. Bundespräsident werden. Zumindest wird er eine Kandidatur wagen. Noch scheut der grüne Professor ein wenig den Aufwand, der mit einem Wahlkampf verbunden ist. Aber er ist auch gebauchpinselt von den guten Umfragewerten, geehrt von den Sympathiekundgebungen der grünen (und teilweise roten) Basis und bedrängt vom nahezu flehentlichen Bitten, das die grüne Parteiführung an ihn richtet. Eva Glawischnig macht kein Geheimnis daraus, dass sie eine Kandidatur von Van der Bellen für wichtig und richtig hält.

Der Partei könnte es 2016, zwei Jahre vor der Nationalratswahl, enormen Aufschub verleihen, mit einer dermaßen authentischen und glaubwürdigen Person wie Van der Bellen um Wählerstimmen zu werben. Das wäre quasi eine Aufwärmrunde für die entscheidende Wahlschlacht um eine mögliche Regierungsbeteiligung auf Bundesebene. Ein Achtungserfolg für den 70-jährigen Van der Bellen ist jedenfalls drinnen - und wer weiß, vielleicht auch mehr. Es gibt Umfragen, die Van der Bellen die Favoritenrolle in einem Wahlkampf zuweisen.

Das beflügelt auch die Fantasie seiner Sympathisanten: der erste grüne Bundespräsident - genau dreißig Jahre nachdem Freda Meissner-Blau für die Grünbewegung als Kandidatin angetreten ist. Was tatsächlich für Van der Bellen drin ist, hängt auch von der SPÖ ab. Viele, die sich ideologisch in der linken Reichshälfte dieses Landes bewegen, fänden es spannend und sympathisch, wenn die SPÖ auf einen eigenen Kandidaten verzichten und womöglich Van der Bellen unterstützen würde.

Das ist nett gedacht, allerdings vollkommen unrealistisch. Die SPÖ wird einen eigenen Kandidaten aufstellen. Und der wird aller Voraussicht nach Rudolf Hundstorfer heißen. "Der Rudi will", heißt es aus seiner Partei. "Die Doris nicht." Doris Bures ist mit dem Amt der Ersten Nationalratspräsidentin voll ausgelastet, sie hat derzeit keinerlei Ambitionen auf irgendetwas anderes.

Hundstorfer schon. Der Sozialminister hätte sich auch den Wiener Bürgermeister überlegt, aber da war Michael Häupl zu zögerlich mit seinem Abgang. Also hat Hundstorfer, jetzt 63 Jahre alt, für 2016 die Hofburg im Visier. Er wäre von seiner gesamten Statur und Veranlagung ein ungewöhnlicher und origineller Bundespräsident, ganz sicher kein langweiliger.

Die ÖVP hat die Qual der Wahl: Sie hat zwei mögliche Kandidaten, die in der gesamten Partei nicht unbedingt bedingungslos geliebt werden. Erwin Pröll ist der eine, Landeshauptmann von Niederösterreich, Christoph Leitl der andere, Präsident der Wirtschaftskammer. Beide sind von sich und einer gewissen Mission überzeugt. Pröll hat Ambitionen stets offiziell und laut dementiert, konnte sein Interesse an diesem Amt aber nicht verhehlen. Die Rufmordkampagne, mit der Pröll im Internet konfrontiert ist, hat seine Ambitionen zuletzt sicherlich gebremst. Also Van der Bellen vs. Hundstorfer vs. Leitl.

Und wo bleiben die Frauen? Offenbar auf der Strecke. Vielleicht ist Österreich auch erst 2020 reif für die erste Frau an der Spitze des Staates. Man braucht das Amt des Bundespräsidenten in Österreich nicht überzubewerten, es ist ein Amt des Repräsentierens und des Besorgt-Schauens, eines, das von der Symbolik und den Zwischentönen lebt. Aber gerade deshalb wäre es schön, in der Hofburg ein Zeichen zu setzen. (Michael Völker, DER STANDARD, 21.11.2014)