In Österreich haben rund 25.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall. Bei rund einem Viertel werden große Gefäße verschlossen.

Salzburg - Der schwere Schlaganfall - früher ein Todesurteil oder der Beginn jahrelanger Pflege - ist dabei, etwas von seinem Schrecken zu verlieren. Bei der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neuroradiologie wurden am Donnerstag neue Studien diskutiert, die zeigen, dass interventionelle Therapien bei bestimmten Patientengruppen bessere Erfolge bringen als Medikamente.

"Wir haben Patienten, die am Tag nach dem schweren Schlaganfall normal im Bett sitzen und nach ein paar Wochen wieder im Arbeitsleben stehen", berichtete Primar Johannes Trenkler vom Institut für Radiologie der Landesnervenklinik Wagner Jauregg bei einem Pressegespräch. Früher sei das undenkbar gewesen. Mit einem minimalinvasiven Eingriff werden Mikrokatheder von der Leistengegend ausgehend an das Blutgerinsel im Gehirn herangeführt. Das Gerinnsel wird abgesaugt oder mit einem winzigen Stent herausgezogen, beschrieb Monika Killer-Oberpfalzer vom Forschungsinstitut für Neurointervention der Paracelus Medizinischen Privatuniversität Salzburg das Verfahren. Dazu sind ganz kleine und weiche chirurgische Werkzeuge notwendig. "Wir reden von Gefäßen mit einem Durchmesser von unter einem Millimeter", erklärte die Medizinerin.

Medikamente bei leichten Schlaganfällen erfolgreich

Bisher standen für die Therapie nur Medikamente zur Verfügung. Diese sollten das Gerinnsel auflösen. Doch der Erfolg bei schweren Schlaganfällen mit größeren Gerinnseln war nicht zufriedenstellend. "Wir konnten bei diesen Fällen nur bei sechs Prozent eine Verbesserung erzielen", sagte Trenkler. Dass der minimalinvasive Eingriff der medikamentösen Therapie bei schweren Schlaganfällen überlegen ist, zeigten derzeit erste Studien aus den Niederlanden, Australien und Kanada, berichteten die Mediziner. Bei leichten Schlaganfällen sind die Medikamente sehr erfolgreich im Einsatz.

Die interventionelle Therapie kommt nur für eine kleine Gruppe von Patienten infrage. In Österreich haben rund 25.000 Menschen pro Jahr einen Schlaganfall. Bei rund einem Viertel werden große Gefäße verschlossen. Bevor der Eingriff erfolgt, wird mittels modernster radiologischer Diagnostik festgestellt, welche Teile des Gehirns durch den Gefäßverschluss wie stark geschädigt sind. Auch der Zeitfaktor spielt eine Rolle: "Bei manchen Patienten ist es nach einer Stunde schon zu spät für den Eingriff, bei anderen gibt es nach acht Stunden noch gute Erfolgsaussichten", erläuterte Killer-Oberpfalzer.

Regelmäßige Prophylaxeuntersuchung

Bei schweren Schlaganfällen im hinteren Gehirnbereich starben früher 80 bis 90 Prozent der Patienten. "Wenn wir das Gefäß rechtzeitig öffnen können, kann der Patient nach ein paar Tagen heim", berichtete Killer. Und auch im seitlichen Gehirnbereich gebe es gute Chancen, den Sprachverlust oder die Seitenlähmung zu verhindern. Durch die Weiterentwicklung der Technik und der Geräte würden künftig auch bei kleineren Gefäßen im Gehirn minimalinvasive Methoden möglich, ist Killer-Oberpfalzer überzeugt.

Auch wenn die Behandlungsmethoden immer besser werden, gilt aber vor allem eines: Eine regelmäßige Prophylaxeuntersuchung mit Ultraschall und Blutuntersuchung kann bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung spätere schwere Schlaganfälle verhindern. Im Fall des Falles ist richtiges und schnelles Reagieren wichtig: Beim - manchmal auch nur kurzfristigen - Auftreten von Schwindel, Taubheitsgefühlen in den Händen oder Beinen, Sprach- oder Sehstörungen oder hängenden Mundwinkeln sollte man sofort ins Krankenhaus, raten die Mediziner. In Österreich gibt es übrigens 36 Stroke Units, die sich auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert haben. (APA, derStandard.at, 20.11.2014)