Moment der Bedrohung oder der Hoffnung? Je nach Glaubensperspektive wäre ein 100 Tonnen schwerer Stein, der in der Luft hängt (engl: to be in limbo), etwas Beunruhigendes oder auch Überirdisches, Spirituelles. Die Künstlergruppe Steinbrener/Dempf & Huber haben ihre surreale, acht Meter hohe, allerdings nur 700 Kilogramm schwere Hommage an René Magritte, der immer wieder schwebende Steine (etwa La Château des Pyrenees von 1959, Israel Museum) darstellte, in der Wiener Jesuitenkirche realisiert.

Auch architektonisch ist der Raum der perfekte Rahmen für die Arbeit, spielt doch genau hier in der barocken Kirche Illusionismus eine riesige Rolle. Nicht allein wegen der Trompe-l’œil-Scheinkuppel, die der italienische Maler und Bildhauer Andrea Pozzo im Zuge seiner Umgestaltungen Anfang des 18. Jahrhunderts realisierte. Auch wegen dem die Kirche dominierenden Stuckmarmor, einem Marmorimitat, das zur Entstehungszeit aufgrund der Kunstfertigkeit sogar als wertvoller betrachtet wurde als der echte Stein.

Foto: Steinbrener/Dempf & Huber

Den riesigen Brocken kann man aber durchaus auch testamentarisch deuten: etwa als Petrus ("Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Fels will ich meine Kirche bauen"). Erkennt man in dem Trumm jedoch eher einen bedrohlichen Meteoriten, erinnert die Arbeit im kirchlichen Kontext womöglich an Maurizio Cattelans Arbeit La nona ora von 1999: Die sorgte für einige Aufregung, inszenierte Catellan doch eine Szene, in der Papst Johannes Paul II von einem Himmelskörper getroffen zu Boden geht. Dies kann dem "schwebenden" Stein in Wien nicht passieren: das wuchtige Wunder ist zwar etwas schwerer als große, oft 300 Kilogramm schwere Kristallluster, aber an vier Balken im Dachstuhl sicher verankert.

Foto: Steinbrener/Dempf & Huber

Schon einmal, 2008, spielten Steinbrener/Dempf & Huber in der Jesuitenkirche mit der Perspektive: Den religiös motivierten Blick gen Himmel tauschten sie in Jesuitenkosmos durch einen weltlichen - den wissenschaftlich motivierten Blick vom All zurück auf die Erde.

Bis zur Präsentation am Donnerstag Abend wird der illusionistische Effekt von To be in Limbo, an dem Hollywood-erprobte Maler und Bildhauer aus Budapest mitwirken, sich noch perfektionieren. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 20.11.2014, Langfassung)

Foto: Steinbrener/Dempf & Huber
Foto: Christoph Steinbrener/Dempf & Huber