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Protest gegen die Keystone-XL-Pipeline in Washington im April dieses Jahres.

Foto: REUTERS/Gary Cameron

Die geplante Route der XL-Pipeline.

Foto: TransCanada

US-Präsident Barack Obama kann nochmals durchschnaufen. Am Dienstag schrammte der US-Senat knapp an der notwendigen Mehrheit für das umstrittene Pipeline Projekt Keystone XL vorbei. Damit kann sich Obama noch einige Monate Zeit lassen, um sich zu überlegen, ob er Widerspruch gegen die Pipeline einlegen wird, die einmal Rohöl von Kanada in den Golf von Mexiko transportieren soll. Denn schon im Jänner wird sich der neue, seit den Midterm-Elections mehrheitlich republikanische Senat konstituieren – und dann ist eine neuerliche und wahrscheinlich positive Abstimmung in der Sache wahrscheinlich. Der Druck auf Obama, eine Entscheidung zu treffen, wird also steigen.

Öl aus Kanada für die USA

Aber der Reihe nach. Die umstrittene Pipeline ist eigentlich nur eine Ergänzung zum schon bestehenden Pipelinenetz namens Keystone, das von Hardisty in Kanada aus Ölsanden gewonnenes Rohöl in die USA transportiert – und zwar zum einen nach Illinois und zum anderen nach Texas. Die 2008 von dem Unternehmen Transcanada vorgeschlagene ergänzende Pipeline Keystone XL soll diesen Weg nun abkürzen und auch mehr Transportvolumen zulassen (siehe Grafik).

Gescheiterte Gesetze und Klimawandel-Leugner

Die XL-Pipeline wird nun mehr und mehr zum Gradmesser für Obamas Versprechen in der Klimapolitik. Angetreten war der Präsident mit der Ansage, alternative Energie zu fördern, den Klimawandel ernst zu nehmen und zu versuchen, den CO2-Ausstoß in den USA zu reduzieren. Gelungen ist ihm davon kaum etwas. Den Klimagipfel in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen verließ er, ohne ein verbindliches Ergebnis erreicht zu haben, und auch die BP-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wurde nicht genutzt, um die Ölkonzerne strenger an die Kandare zu nehmen. Ein Klimaschutzgesetz, das die Reduktion des CO2-Ausstoßes zum Ziel gehabt hatte, scheiterte 2010 im US-Kongress.

In diesem Jahr verloren die Demokraten bei den Midterm-Elections die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Unter den neuen republikanischen Abgeordneten waren zahlreiche Vertreter der rechtskonservativen Tea-Party-Bewegung, darunter auch einige, die den Klimawandel für eine Erfindung halten. Auch die Bevölkerung sah den Umweltschutz nicht als ihre primäre Sorge – Jobs waren wichtiger.

"Verrat an unseren Kindern"

Obama versprach allerdings nach seiner Wiederwahl im Jahr 2012, die Eindämmung des Klimawandels weiterhin ganz oben auf seine Agenda zu setzen. Seine Regierung werde gegen die Klimaerwärmung kämpfen. Das nicht zu erreichen wäre "Verrat an unseren Kindern und künftigen Generationen", sagte er bei seiner Antrittsrede für die kommenden vier Jahre. Diese Absichtserklärungen in die Realität umzusetzen dürfte allerdings nicht einfach werden.

Arbeitsplätze: 42.100 oder 35

Die Befürworter der Pipeline argumentieren mit den Arbeitsplätzen, die der Bau schaffen würde. Vor allem Republikaner argumentieren, dass zehntausende Jobs entstehen würden. Außerdem würde der erhöhte Import kanadischen Öls die Abhängigkeit von Importen aus dem Nahen Osten und Venezuela verringern.

Während die geringere Abhängigkeit von anderen Ölquellen durchaus glaubhaft ist, lohnt ein Blick auf die Argumente über Arbeitsmarkt: Ein Bericht des Außenministeriums hat die Zahl der entstehenden Jobs auf 42.100 beziffert – allerdings nur während des Baus der Pipeline. Sind die Rohre einmal verlegt, würde die Pipeline langfristig lediglich 35 Menschen Arbeit geben, 15 weitere könnten zeitweise beschäftigt werden. Das US-Außenministerium ist in dieser Angelegenheit deswegen die entscheidende Behörde, weil der Bau der Pipeline eine zwischenstaatliche Vereinbarung wäre.

Game Over für das Klima

Der Bericht des Außenministeriums kommt auch zu dem Schluss, dass es kaum umweltpolitische Einwände gegen das Projekt gibt. So würde weder der Abbau des Ölsands zunehmen, noch der Bedarf an Rohöl in relevantem Ausmaß ansteigen. In einem Punkt gibt der Bericht den Kritikern der Pipeline aber recht: Beim Abbau des Ölsands und auch bei dessen Verarbeitung wird verstärkt Kohlendioxid ausgestoßen.

Genau diese Gefahr eines zunehmenden CO2-Ausstoßes versetzt Klimaaktivisten in Alarmbereitschaft. Der Klimaforscher James Hansen schrieb im Mai 2012 in der "New York Times" diesbezüglich vom "Game Over for the Climate". (Michaela Kampl, derStandard.at, 19.11.2014)