New York/Oxford - Schnell haben sich die Bilder der Studentin, die ihre Matratze über den Campus der Columbia University trägt, verbreitet. Emma Sulkowicz tut dies so lange, bis ihr Vergewaltiger der Uni verwiesen wird (der UniStandard berichtete).

Seit die Visual-Arts-Studentin das Projekt "Carry that weight" startete, fand sie viel Unterstützung: Studierende halfen ihr beim Tragen, und in den sozialen Netzwerken meldeten sich unter dem Hashtag #carrythatweight weltweit Unterstützer. Auch die Medien berichteten über die Aktion, und so wurde sexuelle Gewalt an Universitäten zu einem breit diskutierten Thema.

Sulkowizc ist seitdem nicht mehr die Einzige, die eine Matratze über den Campus trägt. Freunde der 21-Jährigen organisierten Ende Oktober einen nationalen Aktionstag, an dem sich 130 Unis in 30 US-Bundesstaaten beteiligten, und auch in Großbritannien und Singapur wurden Matratzen gestemmt. "Die neuen Richtlinien sind ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Sulkowicz bei der Schlusskundgebung vor dem Haus des Rektors, "aber sie sind immer noch viel zu wenig." Die vor der Tür niedergelegte Matratze mit den Forderungen der Studierenden wurde nach wenigen Minuten in den Müllcontainer verfrachtet.

Zustimmung will gelernt sein

Sexuelle Gewalt an Unis und wie Hochschulen mit diesem Thema umgehen sollen, wurde diesen Herbst auch außerhalb der Vereinigten Staaten diskutiert.

An den beiden Eliteunis Oxford und Cambridge begann das Semester für einen Großteil der Erstsemestrigen mit verbindlichen Kursen über Zustimmung zu Geschlechtsverkehr: Diese "consent classes" waren bereits seit 2011 im Gespräch. Auch in Großbritannien waren es schließlich Berichte von Opfern, welche die Kurse wieder auf die Agenda brachten.

In den halbstündigen Lehrveranstaltungen werden aktuelle Statistiken diskutiert, die Studierenden tauschen eigene Erfahrungen und Einschätzungen aus und beteiligen sich an Rollenspielen. Die Kursgruppen sind dabei klein und im Internet veröffentlichte Erfahrungsberichte von Studierenden bislang äußerst positiv.

Nicht überall herrscht allerdings Verständnis für die neuen Programme. Die Zeitschrift The Spectator kommentierte beispielsweise, dass es schwer sei, die heutige Jugend nicht zu bemitleiden. Schließlich würden die angehenden Studierenden über das wilde Campusleben fantasieren - Seminare, in denen "Frauen mit Kondomen herumwedeln", würden den Jungen aber nur zeigen, was für ein "Minenfeld" Sex sein kann.

Jeder vierte Studierende belästigt

Die britische Hochschülerschaft (NUS) veröffentlichte Anfang September eine Studie, wonach jeder vierte Studierende in Großbritannien - 37 Prozent der Frauen und 12 Prozent der Männer - sexuell belästigt wurde. Die Studie prangert dabei besonders die "Lad-Culture" an britischen Unis an: Sexuelle Belästigung und Vergewaltigung würden von vielen Studierenden verspottet und kleingeredet werden - 50 Prozent der Befragten beschwerten sich über diese Atmosphäre.

"Wir hören oft, dass es keine Probleme auf dem Campus gibt. Die Daten unterstreichen das Gegenteil", sagt NUS-Vorsitzende Toni Pearce. Die NUS lancierte eine eigene Kampagne, damit auch Studierende außerhalb von "Oxbridge" die Möglichkeit bekommen, an Consent-Workshops teilzunehmen. (Lara Hagen, DER STANDARD, 20.11.2014)