Eine Software namens "God View" soll Uber-Mitarbeitern Einsicht auf den aktuellen Standort von Fahrzeugen und Kunden geben, die gerade einen Wagen angefordert haben.

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Nachdem erst vor kurzem Uber-Manager Emil Michael mit der Idee aufgefallen war, man könnte ein Rechercheteam anheuern, um nach belastendem Material im Privatleben von Journalisten zu suchen, gerät nun ein Kollege von ihm in die Kritik. Er soll mithilfe eines internen Werkzeugs eine Buzzfeed-Journalistin überwacht haben.

"Ich habe Sie getracked"

Beim beschuldigten Manager handelt es sich um Josh Mohrer, der für die Geschicke des Unternehmens in New York verantwortlich ist. Die Redakteurin Johana Bhuiyan fuhr als Passagierin in einem Uber-Wagen zur Unternehmensadresse in Long Island, um dort mit Mohrer ein Interview zu führen. Mohrer wartete dort bereits auf sie, deutete auf sein iPhone und meinte "Ich habe Sie getracked."

Das war nicht das erste Mal, dass Mohrer mit einem Verstoß gegen die Privatsphäre von Bhuiyan aufgefallen sein soll. Zwei Monate zuvor hatte er mit der Journalistin per E-Mail über Uber und dessen direkten Konkurrenzen Lyft diskutiert. Zur Untermauerung eines Arguments hatte der Manager Uber-Reiselogs von Bhuiyan beigezogen, ohne zuvor um Erlaubnis zur Einsicht zu bitten, wie die Redakteurin beschreibt.

"God View"

Ubers Richtlinien halten eigentlich fest, dass es den Mitarbeitern untersagt ist, die Fahrtenhistorie von Kunden einzusehen, außer wenn dies aus "legitimen geschäftlichen Gründen" erforderlich ist. Allerdings wurden diese Regelungen erst nach Michaels Aussagen veröffentlicht, sollen aber laut dem Unternehmen seit eh und je gegolten haben.

Schon länger gibt es den Verdacht, dass bei Uber ein internes Werkzeug im Einsatz sein könnte, mit dem sich Nutzer des Dienstes einfach tracken lassen. Infolge der Berichte rund um Emil Michael haben sich nun zwei ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens bei Buzzfeed gemeldet. Sie erklären, dass innerhalb der Firma eine Software namens "God View" eingesetzt werde.

Zeigt Standort von Fahrern und Kunden

Das Tool zeige den Aufenthaltsort des Kunden, der ein Uber-Auto angefordert habe, als auch die Position des Fahrzeugs. 2011 war die Fahrt des Investors Michael Sims damit verfolgt und auf einer Launchparty übertragen worden, wie dieser damals bei Medium berichtete. Sims erhielt plötzlich SMS-Nachrichten von einer ihm kaum bekannten Person, die ihn über seinen aktuellen Standort informierte. Auf seine Beschwerde hin wurde ihm lediglich mitgeteilt, dass er sich beruhigen solle, da es ja eine lässige Veranstaltung sei.

Einer der beiden ehemaligen Uber-Angestellten erklärte, dass ihm persönlich kein Fall eines nicht legimitierten Zugriffs auf "God View" bekannt sei, der andere verweigerte die Antwort auf eine entsprechende Frage. Der Zugriff sei jedenfalls für viele Angestellte der Firma möglich, für die als Freelancer arbeitenden Fahrer jedoch nicht.

Vertrauenskrise

Während Michael bereits von Uber-Chef Travis Kalanick öffentlich kritisiert wurde und das Unternehmen sich von seinen Aussagen distanziert hat, könnte der Ärger für Mohrer gerade erst beginnen. Infolge der Schilderungen von Johana Bhuiyan hat das zunehmend in eine Vertrauenskrise schlitternde Unternehmen nun eine interne Untersuchung gegen ihn eingeleitet. (gpi, derStandard.at, 19.11.2014)