Als die Fachhochschulen vor zwanzig Jahren nach deutschem Vorbild gegründet wurden, hätten sie den tertiären Bildungssektor in Österreich komplettieren können. Doch auch nach zwei Jahrzehnten trennt die Hochschulen eine systemimmanente Paradoxie - die vor allem zulasten der Studierenden geht.

Aus 693 Studierenden im Jahr 1994 und sind mittlerweile 44.000 Studierende geworden. Kein Promotionsrecht, tendenziell weniger renommierte Wissenschafter und nur 11 Prozent der Studierenden lassen die Fachhochschulen vonseiten der Unis dennoch mitunter als Hochschulen zweiter Klasse erscheinen.

Die enge Verflechtung mit der Wirtschaft, das gute Betreuungsverhältnis und die Auswahl der Studierenden lassen die Fachhochschulen wiederum sich gegenüber den Universitäten überlegen fühlen.

Das Interesse an wissenschaftlicher Auseinandersetzung wird für die Mehrheit der Studierenden durch den Wunsch genährt, gut gerüstet zu sein für das, was danach kommt - den Arbeitsmarkt. Nur ein Bruchteil will und kann in der Wissenschaft bleiben.

Ganz im Humboldtschen Geiste hat das Universitätsgesetz einst festgehalten, dass man durch ein Uni-Studium keine "Berufsausbildung", sondern eine "Berufsvorbildung" erlange.

Eine tertiäre Berufsausbildung, für die sich die Mehrheit interessiert, können ausschließlich die Fachhochschulen anbieten - allerdings nur für eine ausgewählte Minderheit.

Die Zahl der Studienplätze ist gesteigert worden - und weitere Aufstockungen sind geplant -, immer noch ist die Praxis aber, dass die Fachhochschulen in Aufnahmeverfahren jeden einzelnen ihrer Studierenden zulassen - oder ablehnen. Die Unis müssen dagegen mit Ausnahme weniger Fächer jeden nehmen.

Verdrängungseffekt

Diejenigen, die die Fachhochschule ablehnt, werden also an die Universität gedrängt, wo die inhaltlichen Anforderungen zwangsläufig höher sein müssen, ist doch ihr primärer Anspruch, neues Wissen hervorzubringen.

Ein "Humbug, wie der Engländer sagt", hätte die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff womöglich über diesen Verdrängungseffekt geschrieben. Vom enormen Ansturm überfordert, werden die Unis zunehmend verschult - obwohl das so gar nicht zu ihrem Anspruch der forschungsgeleiteten Lehre passt.

Mit Multiple-Choice-Tests lassen sich die Massen schneller abfertigen als in Einzelbetreuung. Gerade, wer es gut meint mit den Universitäten, muss einen massiven Ausbau der Fachhochschulstudienplätze befürworten.

Vizekanzler, Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stimmte dem Philosophen Konrad Paul Liessmann unlängst in einer Diskussion zu, dass das Phänomen, dass jemand, der an der Fachhochschule die Aufnahmeprüfung nicht schafft, stattdessen an der Uni studiert, "ein Fehler ist, den wir beheben sollten".

Bleibt nur zu hoffen, dass das mit einem massiven Ausbau der Fachhochschulstudienplätze geschieht und nicht der Zugang zu den Universitäten weiter verbaut wird. (ANALYSE: Tanja Traxler, DER STANDARD, 20.11.2014)