Die türkische Ferienregion Antalya ist um eine ihrer Attraktionen ärmer. Fünf Jahre lang hatte die Stadt an der Südküste trotz wiederkehrender Proteste ihre Version des Münchner Oktoberfests zelebriert. Mit dem konservativen Wechsel im Bürgermeisteramt kam nun das endgültige Aus für die türkische "Wiesn".

Für Özgür Emeklioglu, Veranstalter des türkischen Oktoberfests, sind die Würfel gefallen. Ohne die Unterstützung der eigenen Stadtverwaltung und "die moralische Unterstützung anderer Größen aus der Regierung" sei eine solche Organisation nur schwer machbar, zitierte ihn am Dienstag die Nachrichtenagentur Dogan.

Werbe- und Sponsoringverbot für Alkoholmarken

Das Ende des Festivals bedeutet für die lokale Wirtschaft einen weiteren Einnahmenverlust. Das heuer in Kraft getretene strikte Werbe- und Sponsoringverbot für Alkoholmarken und die seit dem Vorjahr geltenden rigorosen Verkaufsbeschränkungen für alkoholische Getränke tun ihr Übriges, um Firmen, Gastronomiebetrieben und Ladenbesitzern das Leben schwerzumachen.

Bereits im Vorfeld der Kommunalwahl im Frühjahr hatte Antalyas neuer Bürgermeister Menderes Türel gegen das Fest Stimmung gemacht. Mit dem Sieg der AKP bei der Wahl Ende März fiel die Urlaubsmetropole an die Religiös-Konservativen und die "Wiesn" in Ungnade.

Werbewirksames multikulturelles Image

Das Oktoberfest hatte in der Vergangenheit zigtausende Besucher aus dem In- und Ausland angezogen. Antalya gehört zu den beliebtesten Urlaubszielen deutscher und russischer Touristen. Auch für Österreicher zählt die Region zu den Topreisezielen in der Türkei.

Laut Veranstalter Emeklioglu hat das fünf Jahre lang im September abgehaltene Oktoberfest der Region ein werbewirksames multikulturelles Image verpasst. Hunderte Branchen hätten davon finanziell profitiert, betonte er gegenüber Dogan.

50.000 Festbesucher pro Jahr

Jährlich rund 50.000 Besucher hatte das seit 2009 unter der Ägide des früheren säkularen CHP-Bürgermeisters Mustafa Akaydin veranstaltete Fest angezogen – nicht immer zur Freude konservativer Bewohner der Region und der immer frommer agierenden AKP. Kritiker hatten moniert, dass mit besonders niedrigen Alkoholpreisen die Festbesucher zum Trinken animiert würden.

Schon vor zwei Jahren zog eine Gruppe von Oktoberfestgegnern mit "Orangensaft statt Alkohol"-Slogans gegen die Veranstaltung ins Feld. Ein Sprecher argumentierte gegenüber der Zeitung "Hürriyet", dass in "Zeiten des wachsenden Terrors" ein solches Fest nicht abgehalten werden sollte.

"Widerspruch zur türkischen Kultur"

Die damalige CHP-Stadtregierung wies die Forderung zurück und stellte in einer Presseerklärung klar, dass Antalya jährlich Millionen deutsche Urlauber anziehe und sich mittlerweile tausende Ausländer in der Region niedergelassen hätten. Die Stadtverwaltung habe auch an sie zu denken.

Bereits ein Jahr zuvor, 2011, hatte der Verein "Grüner Halbmond" eine Kette mit Gebetsperlen am Magistratsgebäude der Stadt angebracht, um gegen die "Wiesn" und ihre alkoholgeschwängerten Werbebotschaften zu protestieren. Angesichts zweier Todesfälle in der Vergangenheit sei eine Neuauflage fahrlässig, kritisierte die Wohlfahrtsorganisation. Medienberichten zufolge hatte der Verein zudem betont, dass das Fest nicht mit der türkischen Kultur in Einklang stehe.

Geschlechtertrennung am Strand

Im Gegenzug darf sich Antalya seit dem 16. August eines geschlechtergetrennten Badestrands erfreuen. Federführend dabei war wiederum das konservative neue Stadtoberhaupt Menderes Türel: Die Umsetzung sei auf Wunsch von Frauen erfolgt, versicherte er. (APA, red, 19.11.2014)