Foto: Lisa Rastl / MAK

Wer gern puzzelt, sollte schleunigst ins Wiener Museum für angewandte Kunst. Wer nicht gern puzzelt auch, denn die im Mak Forum gezeigte Schau Brüder Schwadron, neue Orte & Spuren ist eine spannende Zeitreise, die uns Zeitzeugen präsentiert, die wir im Alltag meist nur mit den Füßen wahrnehmen. Das könnte sich durch diese Schau ändern. Kryptisch?

Also im Klartext: Die Ausstellung präsentiert auf angenehm aufgeräumte Weise das Vermächtnis der von 1899 bis 1938 in Wien ansässigen Baukeramikfirma der jüdischen Brüder Victor und Adolf Schwadron. Mit ihren Fliesen, Kacheln und anderen Keramiken leisteten sie einen erheblichen Beitrag zur Blütezeit des Kunsthandwerks vom Späthistorismus bis zum Jugendstil. Sie verfliesten das Dianabad ebenso wie das Hotel Bristol oder Hotel Regina, Fleischereien und ein gutes Fünftel der Wiener Zinshäuser. Ihr Stil reicht dabei von nüchtern à la Schachbrett bis hin zu opulent ornamental. Charakteristisch bei all den Arbeiten ist jeweils diese eine Fliese, welche die Brüder Schwadron als ausführende Firma ausweist. Sie ist sozusagen Stein gewordene Visitenkarte, man könnte auch Signatur dazu sagen.

Wer glaubt, er findet sich in der Mak-Schau in einer musealen Fliesencity mit Patina wieder, irrt. In Sachen Fliesen gibt es nur eine Vitrine zu sehen, daneben zeigt man alte Ausstellungsansichten und einige Dokumente, zum Beispiel Schriftstücke, die zeigen, welchen Wahnsinn auch Schwadron unter den Nazis erdulden musste. Mit 15. April 1938, 18 Uhr, war die Enteignung der Firma fix. Adolf Schwadron hatte sich vier Jahre zuvor aus dem Fenster gestürzt, Viktor starb 1942 in Wien.

Herzstück der Schau ist eine große Wand, die Fotos von gefliesten Räumen der Schwadrons zeigen. Besonders an diesen Abbildungen aus 18 Häusern ist, dass diese Gebäude im Rahmen eines Open Calls mithilfe sogenannter Scouts ausfindig gemacht wurden, welche die Ideengeberin und Kuratorin Tina Zickler via die Website www.projekt-schwadron.at wissen ließen, wo sie auf eine der Schwadron-Signaturfliesen gestoßen waren.

Auch in der Schau zu sehen: zwei 100 Jahre alte, nackige und grimmige Neptunstatuen aus dem Dianabad. In ihren Händen halten sie dicke Fische. Die beiden machen einen guten Job, denn sie bewachen Spuren in eine Zeit, die uns auf Schritt und Tritt Geschichten erzählen. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 21.11.2014)