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Die Schweizer werden in Kürze darüber abstimmen, ob ihre Nationalbank die Goldbestände aufstocken soll.

Foto: dpa/Andreas Gebert

Die Goldreserven der Notenbanken.

Der Plan von Auric Goldfinger mag größenwahnsinnig gewesen sein. Aber hätte die Sache funktioniert, der Milliardär wäre zum reichsten Menschen des Planeten geworden. Goldfinger wollte im gleichnamigen James-Bond-Film aus dem Jahr 1964, eine Atombombe auf Fort Knox abwerfen. Damit sollten die dort gelagerten Goldreserven der USA nuklear verseucht, also wertlos gemacht werden. Goldfingers eigene Goldbestände wären über Nacht unbezahlbar geworden. James Bond funkte freilich wie immer dazwischen.

Die Gegner von Lukas Reimann im Jahr 2014 sind keine geistesgestörten Milliardäre. Aber auch er fürchtet um die Sicherheit des Goldes. Genauer gesagt: um die Sicherheit des Schweizer Goldes. Der 32-jährige Parlamentarier von der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) ist einer der Hauptinitiatoren einer Gesetzesvorlage, über die am 30. November in der Schweiz abgestimmt wird.

Heimholung

Reimann will mit seiner Initiative "Rettet unser Schweizer Gold" zwei Dinge: Das im Ausland gelagerte Edelmetall der Schweizer Nationalbank (SNB) soll heimgeholt werden. Das Gold der SNB ist zwar in sicheren Ländern, in Kanada und England, gebunkert. "Aber wer kann garantieren, dass im Krisenfall die Kanadier das Gold wirklich freigeben?", argumentiert Reimann im STANDARD-Gespräch. "Wir lagern ja auch unsere Panzer nicht im Ausland."

Für noch mehr Diskussionen sorgt Reimanns zweiter Wunsch: Die Initiative verlangt, dass die SNB mindestens 20 Prozent ihrer Vermögenswerte in Gold anlegt. Das Edelmetall soll außerdem unverkäuflich werden. Gold gilt als krisensichere Wertanlage. Wenn die SNB ihren Bestand aufstockt, würde sie an Unabhängigkeit und Stärke gewinnen, behauptet Reimann. Der Franken, und damit die Schweizer Wirtschaft, wäre für die Zukunft, etwa wenn die Eurozone doch zerfällt, abgesichert. Einige Gegenargumente: Gold wirft keinen Profit ab, die Veranlagung sei also unklug. Die Verkaufsbeschränkung würde den Spielraum der SNB zu sehr einengen.

Schweizer Stolz

Die Goldinitiative erregt inzwischen international Aufmerksamkeit. Das liegt einmal daran, dass es nach einer ersten, im Oktober durchgeführten Umfrage des Instituts Gfs-Bern so aussieht, als hätte die Initiative eine Chance. Zwar wird sie von keiner größeren Partei unterstützt - auch die SVP ist mehrheitlich dagegen, die Notenbank lehnt das Begehren klar ab.

Doch 44 Prozent der abstimmungswilligen Schweizer bekunden Sympathien für die Goldquote. Kein Wunder: Die Initiative spricht ein Kernelement des Schweizer Selbstverständnisses an, das Bedürfnis nach einem starken, autonomen Land, sagt der Gfk-Meinungsforscher Lukas Golder. Absicherung gegen eine neue Eurokrise, mehr Sicherheit durch Gold, all diese Argumente ziehen offenbar.

Sollten die Schweizer mit Ja stimmen, warnen Ökonomen vor Marktverwerfungen. Sicher ist, dass die SNB in den kommenden fünf Jahren - so viel Zeit hätte sie, um die Quote zu erreichen - Euro und Dollar verkaufen und Gold im großen Stil erwerben müsste. Bis zu 1800 Tonnen zusätzlich wären nötig. Einige Analysten erwarten wegen dieser höheren Nachfrage einen Anstieg des Goldpreises.

Währung als Fragezeichen

Interessanter ist, was bei einem Ja mit dem Franken passiert: Denn hier steht für mehrere EU-Länder, darunter Österreich, einiges auf dem Spiel.

Auf dem Höhepunkt der Eurokrise haben Investoren Euros panisch verkauft. Viele deckten sich dafür mit sicheren Franken ein. Die Folge war eine Aufwertung der Schweizer Währung. Dies brachte die eidgenössische Industrie unter Druck, weshalb die SNB 2011 reagierte: Sie legte eine Höchstgrenze fest, ein Euro darf seither nicht weniger als 1,20 Franken kosten. Damit half die Notenbank auch den Frankenkreditnehmern in Österreich. Derzeit läuft immerhin jeder fünfte heimische Hypothekenkredit in Schweizer Währung. Eine noch stärkere Frankenaufwertung würde viele Haushalte finanziell überfordern.

Das Währungsgleichgewicht rückt wieder in den Fokus. "Wenn die Schweiz sich mit Gold eindeckt, hätte das auf Investoren, die Sicherheit suchen, eine Sogwirkung", sagt der Dresdener Vermögensverwalter Lutz Hering. Ein Ansturm auf den Franken könnte einsetzen und die Währung unter Aufwertungsdruck bringen. "Ist die Frankenuntergrenze noch zu halten?", fragt die Commerzbank bereits in einer Analyse.

Der Politiker Reimann blickt dem Votum entspannt entgegen. Sogar wenn die Stimmung noch kippt, wovon Meinungsforscher wegen der Ablehnung in den Parteien ausgehen, sei die Initiative ein Erfolg. Sie habe zu mehr Transparenz geführt. So musste die SNB im Vorfeld bekanntgeben, in welchen Ländern sie ihr Gold lagert. (András Szigetvari, DER STANDARD, 19.11.2014)