Wien - Der Rücktritt von Christian Keuschnigg sorgt im Institut für Höhere Studien (IHS) für erhebliches Kopfzerbrechen. Wie berichtet geht der gebürtige Tiroler, weil er sich mit dem IHS-Kuratorium nicht über die künftige Forschungsausrichtung einigen konnte. Nun machen bereits Nachfolgegerüchte die Runde. Als heißeste Aktie wird derzeit Christoph Badelt gehandelt. Der hat nur ein Problem: Er ist noch bis September 2015 als Rektor der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien gebunden und möchte danach noch ein Sabbatical dranhängen.
Badelt selbst sagt, was man gerne sagt, wenn man für wichtige Posten kolportiert wird. "Mit mir hat noch niemand darüber gesprochen." Angesichts der Tatsache, dass er noch länger nicht zur Verfügung stehe, "glaube ich auch nicht, dass sich diese Option eröffnet", so Badelt im Gespräch mit dem STANDARD. Das Sabbatical brauche er, um sich auf der wissenschaftlichen Ebene wieder einzuarbeiten. Schließlich sei er in den letzten zweieinhalb Jahren kaum dazu gekommen, seiner Forschungstätigkeit nachzugehen, so der Sozialökonom. Und wenn die IHS-Option doch noch aktuell werden sollte? "Wenn es dazu kommt, werde ich mich damit beschäftigen."
Übergangslösung
Kurzfristig ist Badelt daher für das IHS kein Thema. Das weiß auch der Präsident des Kuratoriums, Heinrich Neisser. Er will zwar nicht explizit bestätigen, dass Badelt zu einem späteren Zeitpunkt zum neuen Chef gemacht werden soll, sagt aber: "Er steht auf unserer Liste." Und: "Ich gehe davon aus, dass er sich nach einer Ausschreibung bewerben würde." Neisser ist jedenfalls voll des Lobes: "Badelt hätte eine sehr hohe Akzeptanz im Haus."
Auch wenn er mit dem 63-Jährigen noch nicht persönlich über die Causa gesprochen habe, wisse er dennoch von dessen WU-Verpflichtungen und Sabbatical-Plänen, sagt der frühere ÖVP-Politiker Neisser. Daher wird es vorerst eine interne Übergangslösung geben. Man werde in den nächsten Wochen einen geschäftsführenden Direktor bestellen. Namen nennt er zwar keinen, am naheliegendsten wäre aber einer der bisherigen Abteilungsleiter. Dem Bereich Ökonomie steht Michael Reiter vor, die Soziologie wird von Beate Littig geleitet und die Politikwissenschaft von Johannes Pollak. Der Gesundheitsökonom Thomas Czypionka spricht derzeit für alle Gruppenleiter.
Die Zeit drängt
Die Zeit drängt jedenfalls. Keuschnigg will die Leitung bis Jahresende abgeben. Nur für einzelne Projekte stehe er auch danach noch zur Verfügung, sagt er. Hauptberuflich geht er dann wieder an die Universität St. Gallen zurück. Zu seinem Rückzug sieht er weiterhin keine Alternative. Angesichts der angespannten Finanzsituation wollte er eine stärkere Konzentration auf die ökonomische Forschung, die Soziologie und Politikwissenschaft wollte Keuschnigg zurückfahren. Nur durch diese Schwerpunktsetzung werde es möglich sein, das IHS als "Exzellenzinstitut" fortführen zu können. (Günther Oswald, Rainer Schüller, DER STANDARD, 19.11.2014)