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Jenny Runk war 2013 als "Plus Size"-Model das Testimonial der H&M-Bademodenkampagne.

Foto: ap/h&M

Busen, Beine, Po und ein klitzekleines bisschen Unterwäsche: Wenn es "Plus Size" in die amerikanische "Vogue" schafft, dann stets in spärlicher Verpackung. Packte die italienische "Vogue" vor drei Jahren drei verwegene Dekolletés, ein paar Strapse und lasziv geöffnete Münder auf ihr Cover, handelt das aktuelle Unterwäscheeditorial von Cass Bird die Sache mit den größeren Körpern nicht anders.

Wer nicht genau schaut, könnte meinen: Hier geht es nur um pralle Dekolletés und nackte Haut. Dabei zeigen die "Plus Size"-Models Ashley Graham, Danielle Redman, Inga Eiriksdottir, Julie Henderson und Marquita Pring nebenbei doch BHs in allen Größen her. Augenzwinkernde Überschrift der Bilderstrecke: "Gib mir ein D! Gib mir ein F!" Und im Sommer? Findet das "Prinzip Plus Size in Unterwäsche" sein Pendant in Bikini und Badeanzug. H&M zum Beispiel legte sich in den Sommersaisonen 2011 und 2013 mit Plus Size in die Kurve.

Runde Formen sind im Hochglanz-Kontext stets ein "sinnliches Vergnügen". Das "Angezogen" wird den glanzlosen Übergrößen-Herstellern überlassen. "Vogue" und Co dagegen verstehen das Inszenieren von Körpervielfalt als Aufforderung, stramme Brüste und weibliche Hintern zu erotischen wie verkaufsfördernden Stillleben zu formen. Ein bisschen Humor könnte da eigentlich nicht schaden.

Der allerdings kommt meist zu kurz. Erst recht bei der US-"Elle". Das Modemagazin versah Myla DalBesio, Model der aktuellen Unterwäsche-Kampagne "Perfectly Fit" von Calvin Klein, kurzerhand mit dem Etikett "Plus Size". In der abgebrühten Modebranche ist das ziemlich normal. Die Kleidergröße 38/40, die Myla DalBesio trägt, landet ohne ein Wimpernzucken in der Kategorie "Plus Size". Wenn da nur nicht diese kritischen Konsumentinnen wären! Auf Twitter kochten die Emotionen hoch. Grundtenor: Wenn das schon Plus Size sein soll, was bin dann ich? Dank Social Media werden die Proteste der Konsumentinnen jetzt sichtbar.

Bestes Beispiel: der spanische Retailer Mango. Dem unterlief ein ähnlich unsensibler Umgang mit der Bezeichnung von Körpergrößen. Denn statt das normale Segment einfach um größere Größen zu erweitern, will auch Mango am Positivimage einer eigenen "Plus Size"-Linie mitnaschen.

Seit Anfang 2014 bietet man die Linie "Violeta by Mango" auch außerhalb Spaniens an. Das "Plus" beginnt für das Unternehmen allerdings schon bei Größe 40. Die Kundinnen in der weiblichen Durchschnittsgröße, unfreiwillig in die Übergrößen-Ecke gedrängt? Not amused – zu Recht. Sie starteten eine Unterschriften-Petition auf change.org, in den sozialen Medien machten sie ihrem Ärger unter dem Hashtag #mango40 Luft.

Im Moment empören sich aber nicht nur Frauen mit Kleidergröße 40 über die scheinheiligen Körper-Kategorisierungen der Modeindustrie. Noch so ein Kassenschlager: das Geschäft mit den "Real Women", den echten Frauen, unlängst vom Wäsche-Unternehmen Triumph wieder angewandt. So etwas bringt wiederum das streichholzdünne, erfolgreiche Model Coco Rocha auf die Palme. Sie entrüstete sich: Warum sind Dünne wie ich nicht "echt"?

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Coco Rocha will echt sein.
Foto: ap/scheurer

Auf Bildebene hingegen gilt das Abschießen des vermeintlich "Echten" wieder einmal als der ultimative Kick: Der nicht gephotoshopte Körper des Models Lara Stone wurde gerade von Jürgen Teller für das englische "System"-Magazin in Szene geblitzt.

Lara Stone ist da mit verrutschtem BH, Dehnungsstreifen und kleinem Bäuchlein zu sehen. Auch hier gilt: Sex sells. Die glatten Photoshop-Kunstwerke in der "Vogue", egal ob rund oder mager, sehen dagegen trotzdem ziemlich alt aus. (Anne Feldkamp, derStandard.at, 19.11.2014)