Wien - Von der Alpenrose am Arlberg, über die Eierschwammerl im Salzkammergut bis zum Zander im Neusiedlersee: Wissenschafter erfassen im Projekt "Austrian Barcode of Life (ABOL)" genetische "Barcodes" aller rund 70.000 bekannter Pflanzen-, Pilz- und Tierarten Österreichs. Damit sollen artspezifische Genabschnitte zuverlässig bestimmt und gleichzeitig die Artenvielfalt Österreichs erfasst werden.

Als DNA-Barcodes werden Sequenzen der Erbsubstanz verwendet, die als eindeutige Kennzeichen für die Artbestimmung genutzt werden können, so die Biologin Elisabeth Haring, die am Naturhistorischen Museum (NHM) Wien arbeitet und das ABOL-Projekt leitet. Bei den meisten Tiergruppen dient dazu ein etwa 650 Basenpaare langer Code des CO1 Gens, das sich in der DNA der Mitochondrien befindet.

Eindeutige Zuordnung

Um diese DNA-Sequenzen zu erhalten, sammeln und bestimmen die beteiligten Forscher österreichweit Organismen jeder Art. Von Pflanzen, Tieren und Pilzen, die in verschiedenen Gebieten vorkommen, sollen mehrere Proben genommen werden, um auch geographische Unterschiede einzelner Arten zu erfassen. Die DNA-Codes sollen in einer Referenzdatenbank gespeichert und allen Forschern, aber auch Gesundheitsbehörden, Medizinern, Forensikern sowie Gewässer- und Zoll-Kontrolleuren zur Verfügung stehen.

Die Referenzdatenbank soll es ermöglichen, Arten schnell zu identifizieren. Im Idealfall reiche dafür eine einzelne Zelle eines Organismus, so Haring. Natürlich können Experten manche Arten mit einem einzigen Blick identifizieren, aber durch Barcodes sei dies auch bei Eiern, Larvenstadien und Teilen von Pflanzen, Tieren sowie Pilzen machbar, selbst wenn diese zu Lebensmitteln verarbeitet sind, erklärt Helmut Sattmann vom NHM Wien.

Manchmal könne man nur ein bestimmtes Stadium oder Geschlecht eines Organismus eindeutig einer Art zuordnen, das vielleicht nur zu einer bestimmten Jahreszeit zu finden ist. Hier würden die DNA-Barcodes jederzeit ein eindeutiges Bestimmen möglich machen. Das vereinfache etwa das Gewässermonitoring und mache es damit kostengünstiger.

Artenvielfalt-Monitoring

"Das Barcoding-Projekt wird aber auch eine Bestandsaufnahme über die Biodiversität in Österreich bieten", so Haring. Bei vielen Organismen-Gruppen sei das Wissen darüber veraltet. "ABOL erfüllt damit auch einen rechtlichen Aspekt, denn Österreich hat die europäische Biodiversitätskonvention ratifiziert und sich damit verpflichtet, die Artenvielfalt im Land zu erheben."

In der "Anstoßphase", die bis 2017 dauern wird, erheben die vier Projektpartner am NHM Wien, der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der Universität Graz und der Tiroler Landesmuseen zunächst die DNA-Barcodes von Wirbeltieren, Schmetterlingen, Schnecken und Muscheln sowie parasitischen Würmern.

Anschließend sollen alle 70.000 bekannten heimischen Arten registriert werden. Hier würden alle Institutionen in Österreich mitmachen, die irgendetwas mit Biodiversitätsforschung zu tun haben, so Haring. "Dadurch ergeben sich sicherlich auch 'Nebenwirkungen' wie eine stärkere Vernetzung der Forscher, und eine Fülle zukünftiger Forschungsprojekte." (APA/red, derStandard.at, 17.11.2014)