Versuchte Westenthaler aus dem Abseits zu holen: Altkanzler Wolfgang Schüssel.

Foto: Matthias Cremer

Live-Gerichtszeichnung von STANDARD-Cartoonist Oliver Schopf.

Oliver Schopf

Wien - Keine zehn Minuten dauert der Auftritt des Zeugen Wolfgang Schüssel am Donnerstag im Prozess gegen Peter Westenthaler am Wiener Straflandesgericht, bis der schwarze Altkanzler ganz in seiner alten Rolle aufgeht - und den Richter vor dem halb gefüllten Saal abkanzelt.

Wie berichtet muss sich Westenthaler, einst BZÖ- und Bundesliga-Chef, unter anderem als ehemaliger Fußballmanager dafür verantworten, dass eine Förderung des Bundes für den Kickernachwuchs in der Höhe von einer Million Euro zweckwidrig verwendet wurde - und zwar zum Abdecken einer Finanzschuld der Liga.

Westenthaler und der mitangeklagte Ex-Co-Vorstand Thomas Kornhoff halten sich für unschuldig - und auch Politpensionist Schüssel bringt kein Verständnis dafür auf, dass es zu einem Strafverfahren gegen Westenthaler wegen Betrugs und Untreue gekommen ist. Als ehemaliger Regierungschef verteidigt er die Zusatzförderung für die jungen Fußballer, die im Vorfeld der Europameisterschaft 2008 beschlossen worden war. "Wir wollten fördern, damit wir uns nicht blamieren." Und: "Ich finde es schade, dass diese Großereignisse im Nachhinein kriminalisiert werden", setzt Schüssel nach. Überhaupt kritisiert er den sich schon Tage dahinziehenden Prozess, wo Westenthaler doch "nicht einmal einen Euro genommen hat: Das wird mehr kosten als die Förderung selbst", prophezeit Schüssel.

Kurzer Geduldfaden

Davon unbeeindruckt, will Wolfgang Etl, Vorsitzender des Schöffengerichts, wissen, warum diese Förderung Ende 2003 so wichtig war, dass sie noch rasch in das Budgetüberschreitungsgesetz hineingepackt wurde. Schüssel erklärt, das sei so üblich, etwa auch im Zuge von Hochwasserkatastrophen könne es zum Überziehen des Finanzrahmens kommen. Ob er den Zustand des österreichischen Fußballs damals ähnlich wie eine Hochwasserkatastrophe bewertet habe, will Etl vom Ex-Kanzler wissen. Da reißt Schüssel der Geduldsfaden: "Das hat nichts damit zu tun, dass dem Fußball das Wasser bis zum Hals steht. Diese Scherze verbitte ich mir! Das im Protokoll festzuhalten!"

Ähnlich ungehalten reagiert Schüssel, als der Verteidiger von Kornhoff seine Fragen an ihn richtet: "Darf ich eigentlich fragen, wer sind Sie?!" Von einer Tilgung der Schulden - die Finanz machte gegenüber der maroden Liga eine Forderung von über 1,6 Millionen geltend - will der Altkanzler nichts gewusst haben.

Verstimmter Schweizer

Kurz vor Mittag ist Schüssels ehemaliger Sportstaatssekretär als Zeuge dran. Doch auch Karl Schweitzer ist arg verstimmt - und beschwert sich vor der Einvernahme bei Etl, dass ihm dieser beim letzten Mal erklärt habe, dass er sich für eine Aussage vom Kanzleramt von der Amtsverschwiegenheit entbinden lassen könne. Dabei sei nach Schweitzers Nachfragen beim Kanzleramt herausgekommen, dass er sich schon selbst davon entbinden müsse. "Das hat mir nicht gutgetan in der Öffentlichkeit!" "Wollen Sie heute aussagen?", fragt Etl. "Selbstverständlich!" Dabei versichert der Ex-Staatssekretär, eine Unterzeichnung des Fördervertrags einst verweigert zu haben ("Das ist in meinem Budget nicht möglich!") - und dass Westenthaler versucht habe, Geld von ihm für die verschuldete Liga zu bekommen. Aber, so der Ex-Parteifreund: "Es war sein gutes Recht, einen Fehler zu korrigieren, der vor seiner Amtsübernahme liegt." Westenthaler habe dann vorgehabt, Schüssel um Geld zu bitten.

Unkorrekte Belehrung

Der hat bei der Belehrung durch den Richter zur Amtsverschwiegenheit, übrigens gleich erklärt: "Natürlich sage ich aus!" Denn grundsätzlich müssen sich nur Beamte und Vertragsbedienstete des Bundes von oben davon entbinden lassen, (Ex-)Regierungsmitglieder können das selbst tun.

Die Fortsetzung folgt am Dienstag: Da ist Frank Stronach, ehemaliger Präsident der Bundesliga, als Zeuge im Prozess geladen. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 14.11.2014)