Die Ethikkommission der FIFA hat gesprochen. Und nicht nur Nostradamus hatte es geahnt: Die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaften an Russland und Katar ist korrekt abgelaufen. Mehr oder weniger. Denn sogar die FIFA-Ethikkommission, die nach dem vom FIFA-Exekutivkomitee erlassenen FIFA-Ethikreglement handelt – also ohne Zweifel unabhängig agiert! –, konnte jede Menge Verstöße gegen moralische wie juristische Regularien feststellen. Aber Gott behüte, nichts war freilich so ungewöhnlich schlimm, dass es eine erneute Ausschreibung der kommenden beiden Endrunden gerechtfertigt hätte. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten hat sich der Weltfußballverband bei der Gelegenheit auch gleich erspart. Das Glück ist ein Vogerl.

42 Seiten lang ist der abschließende Bericht der Kommission, einsehen darf ihn die Öffentlichkeit nicht. Aus datenschutzrechtlichen Gründen. Jedenfalls konnten beim Durchblättern der 200.000 Seiten umfassenden Akten keine Beweise für Korruption gefunden werden. Ja, kleine Geschenke habe es da und dort gegeben. Und mit der Meldepflicht bei Kontakten zu FIFA-Exekutivmitgliedern habe man es in Russland auch nicht immer ganz genau genommen. Alles Kinkerlitzchen, die üblichen Kavaliersdelikte im Reich des Weltfußballs. Praktisch, wenn man sich die ethische Messlatte selber legen darf.

Da die honorigen Herren der FIFA nun ganz offiziell als unbestechlich gelten und Präsident Sepp Blatter laut Kommission sogar eine "aktive Rolle im FIFA-Demokratisierungsprozess" einnimmt, bleibt eine Frage offen: Wenn es nicht der schnöde Mammon war, was gab dann den Ausschlag für Katar? Waren es die von Amnesty International angeprangerten inhumanen Arbeitsbedingungen im Wüstenstaat? Oder doch das Gesundheitsrisiko für Fußballspieler bei unmenschlicher Sommerhitze? Vielleicht war es ja auch jener Evaluierungsbericht, der allen Bewerbern außer Katar gute Noten ausstellte. Man weiß es noch immer nicht. (Philip Bauer, derStandard.at, 13.11.2014)