Das gemeinsame Vorgehen, auf das sich die beiden Supermächte USA und China in Sachen Klimaschutz geeinigt haben, ist die seit langem wichtigste politische Aktion zur Bekämpfung des vom Menschen verursachten Klimawandels. Wenn die beiden größten Wirtschaftsmächte und größten Emittenten von klimaschädlichem Treibhausgas, China und die USA, Ziele zur Eindämmung von Kohlendioxid (CO2) und anderen Treibhausgasen vereinbaren, ist dies nicht nur umwelt-, sondern auch geopolitisch von höchster Relevanz. Allerdings ist das Statement von US-Präsident Barack Obama, der euphorisch von einer "historischen Vereinbarung" und von einem "Meilenstein" sprach, doch überzogen.

Denn wie in der Klimapolitik üblich, steckt der Teufel im Detail. Was bindende Vorgaben betrifft, ist das Abkommen zwischen den USA und China ohne viel Substanz. Zwar ist es das erste Mal, dass das Reich der Mitte von seiner Haltung abgeht, Klimaschutz als eine Aufgabe nur für Industrieländer zu begreifen. Schwellen- und Entwicklungsländer, die sich in einem wirtschaftlichen Aufholprozess befinden, sollten, so die bisherige chinesische Haltung, von international bindenden Klimaschutzbemühungen ausgenommen werden.

Nun aber hat China, das Land mit dem höchsten Treibhausgasausstoß, zugesagt, ab 2030 seine Emissionsspitze erreichen zu wollen - und ab dann den Treibhausgasausstoß senken zu wollen. Weniger optimistisch formuliert heißt dies, dass chinesische Fabriken und Kraftwerke weitere 15 Jahre ungebremst CO2 in die Atmosphäre blasen können.

Viele Klimaschutzexperten meinen, dass das Zeitfenster, das die Menschheit noch hat, um den prognostizierten Wärmeanstieg auf vertretbare zwei Grad plus zu begrenzen, viel kürzer ist als diese 15 Jahre. Und dass möglichst schnell mit weitreichendem Klimaschutz begonnen werden müsste, um einerseits die Kosten für den Umstieg von fossilen auf treibhausgasfreie Energieträger in einem vernünftigen Rahmen zu halten und damit es andererseits nicht zu dem gefürchteten Point of no Return kommt, dem Zeitpunkt, an dem die Erderwärmung so voranschreitet, dass sie unbeherrschbar wird.

Zweifel sind auch angebracht, dass die künftige US-Klimapolitik vor einer entscheidenden Weichenstellung steht. Obama ist nur noch gut zwei Jahre im Amt, und der Kongress wird ab nächstem Jahr von einer republikanischen Mehrheit dominiert. Obama muss dringend politische Erfolge vorweisen; doch starker Gegenwind ist ihm sicher. Der designierte Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, bezeichnete die neuen Kürzungsziele Obamas prompt als "ideologischen Krieg gegen Kohle" - und dies, obwohl die neuen US-Minderungsvorgaben bereits mit den bestehenden legislativen Vorgaben zu erreichen sind.

Auf der Positivseite ist zu vermerken, dass durch diese Vereinbarung zwischen den USA und China wieder Schwung in die monatelang festgefahrenen Klimaschutzverhandlungen gekommen ist. Angesichts der kommenden UN-Klimakonferenz in Paris Ende 2015, bei dem es zu einem neuen internationalen Klimavertrag kommen soll, ist das ein nicht zu unterschätzender Faktor. Wenn sich die großen Staaten zu Klimaschutz bekennen, können andere Großemittenten nicht abseitsstehen. Die EU ist mit ihren kürzlich gesetzten neuen Klimazielen in einem bedeutenden, größeren Klub. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, 13.11.2014)