Wir beugen uns über die Aussagen von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zur Steuersenkung und versuchen eine Exegese. Zunächst die Ansage, dass man eine Regierung, die keine Steuersenkung zustande bringt, nicht braucht. Aber wie? Es müssen ja etwa fünf Milliarden jährlich zur Finanzierung der Steuersenkung gefunden werden. Die Golden Oldies "Verwaltungsreform" und "Einsparungen" kann man vergessen. Die Selbstfinanzierung durch eine bessere Konjunktur auch. Neue Schulden sind auch ein No-No, zumindest offiziell. Und die EU redet da auch mit.

Was bleibt? Vermögenssubstanzsteuern. Werner Faymann hat in einem bemerkenswerten Akt von Selbstentäußerung das Steuermodell des ÖGB übernommen. Dieses verlangt volle Pulle: Vermögenssubstanzsteuer, Erbschafts-und Schenkungssteuer.

Jetzt wieder Mitterlehner: Im September hat er genau diese drei Vermögenssteuerarten glatt abgelehnt (wobei es ja Steuern auf Vermögenszuwachs, vor allem bei Immobilien und Wertpapieren, schon gibt). Zuletzt meinte er, es werde keine "klassischen" Vermögenssteuern geben.

Jetzt fragen wir uns: Was ist "klassisch"? Nur eine neue Vermögenssubstanzsteuer? Aber die Grundsteuer ist ja auch eine Vermögenssteuer. Oder wie steht es mit der Erbschaftssteuer?

Vielleicht sollte man Experten für politische Semantik oder Semiotik heranziehen? (Hans Rauscher, DER STANDARD, 13.11.2014)