Wien - Bei den Bemühungen der Novomatic, das Glücksspielgesetz aufzuweichen, wurde vor der Einbringung des Abänderungsantrags durch Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Juli 2005 intensiv bei Politikern lobbyiert. Stefan K., ein Mitarbeiter Peter Hocheggers, wollte im Juni davor ein "Memorandum" von Novomatic-Chef Franz Wohlfahrt bei ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka abgeben, hielt er wie berichtet in einer E-Mail fest.

Der heutige ÖVP-Klubchef Lopatka sagt, er habe das Papier nie bekommen, das Glücksspiel sei damals nicht sein Thema gewesen. K. habe er aber schon alle paar Monate getroffen, schließlich sei der vor seiner Lobbyingzeit parlamentarischer Mitarbeiter der ÖVP gewesen. (Und zwar von 1997 bis 2005.)

ÖVP-Verbindungen

Hilfreiche Verbindungen in die Politik, die auch andere mit Novomatic-Aufträgen befassten Agenturmitarbeiter Hocheggers hatten. Etwa Andreas S., der laut eigener Angabe von 1997 bis 2005 parlamentarischer Mitarbeiter der ÖVP war und unter anderem für die damaligen Nationalratsabgeordneten Karin Hakl (Telekomsprecherin der Partei) und Michael Ikrath gearbeitet hat. Auch Patrick M., der von Oktober 2006 bis Mitte 2007 bei Hochegger werkte, kannte sich in der ÖVP gut aus. Er war von 2001 bis 2006 bei der Bundes-ÖVP angestellt.

Novomatic kooperierte damals mit der Telekom beim Joint Venture AON Entertainment, gemeinsam wollte man den Markt fürs Internet-Glücksspiel nützen - zuvor musste aber das Monopol der Casinos geknackt werden.

BZÖ fiel um

Aus Aussagen in der Causa Novomatic erschließt sich, wie der Vorstoß damals vorbereitet wurde. Laut Telekom-Chef Rudolf Fischer sei "das Modell" im Vorfeld "allen politischen Parteien" vorgestellt worden, "um entsprechende Überzeugungsarbeit" zu leisten. Nach seiner Wahrnehmung habe dann aber das BZÖ in letzter Minute seine Zusage, den Antrag zu unterstützen, zurückgezogen.

Was Fischer mit damals kurzfristigst erteilten Aufträgen der Casinos an die BZÖ-nahe Werbeagentur Orange zum Thema "Glücksspielsituation in Österreich" in Zusammenhang brachte. Ein Gerichtsverfahren läuft.

Neue Intervention

Der knapp vor der Sommerpause des Parlaments eingebrachte Abänderungsantrag zum Glücksspiel kam damals, im Juli 2006, jedenfalls nicht mehr aufs Tapet.

Die Kooperation Novomatic-Telekom und die Arbeit der Lobbyisten gingen also weiter. Die Lobbyisten nahmen sich vor, "den Novomatic-Konzern als Leitunternehmen der österreichischen Industrie darzustellen und zu etablieren"; und wieder wurde im Finanzministerium interveniert.

Neue Gespräche

Am 8. November um zehn Uhr etwa gab es einen Termin Wohlfahrts und Fischers mit Minister Grasser und der fürs Glücksspiel zuständigen Sektionschefin. Die Kernbotschaft an Grasser sollte laut internem "Gesprächsfaden" so lauten: "Das Glücksspielmonopol ist nicht mehr zeigerecht ... AON Entertainment ist der ideale ... Partner für ein alternatives Glücksspielangebot".

Im Gutachten zur Causa Novomatic wird darauf verwiesen, "dass die Herkunft von Bareinzahlungen auf Bankkonten von Mag. Grasser am 20. Oktober 2006 (30.000 Euro) und am 7. November 2006 (20.000 Euro) ungeklärt ist". Die Einzahlungen seien also "zeitnahe zum Treffen im Finanzministerium" erfolgt.

Grasser bestreitet den Vorwurf, Geld genommen zu haben, und es gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, DER STANDARD, 13.11.2014)