Markus Figl über Rot-Grün: "Diese Koalition ist leider eine vergebene Chance. Es wird sehr viel Ideologie gemacht."

Foto: ÖVP Wien

derStandard.at: Ihre Nominierung wird als Zeichen für einen Generationenwechsel gedeutet. Wie wird sich dieser äußern?

Figl: Ich bin mit 100 Prozent als Kandidat für den Bezirksvorsteher nominiert worden, das ist ein ganz klarer Auftrag für mich. Es gibt die internationale Entwicklung, dass Stadtkerne zunehmend aussterben. Ich sehe das als Gefahr, wir wollen eine bewohnte Innere Stadt. Ich selber lebe auch mit meiner Familie hier im ersten Bezirk.

derStandard.at: Sie spielen auf die Immobilienspekulation an. Was kann man konkret tun, um diese einzudämmen?

Figl: Man muss sehen, was wir als Bezirk tatsächlich machen können. Das Mietrecht ist nicht unsere Kompetenz. Wir können hier vonseiten des Bezirks nichts verordnen. Ich bin außerdem ein Anhänger der Marktwirtschaft. Was wir aber tun können, ist, möglichst viel Lebensqualität für die Bewohner zu schaffen. Zum Beispiel in Form von Anrainerparkplätzen. Da haben die Bewohnerinnen und Bewohner unmittelbar etwas davon. Sie sind bisher auf der Strecke geblieben.

derStandard.at: Aber Anrainerparkplätze gibt es ja schon.

Figl: Insgesamt können bis zu 20 Prozent für die Bewohner reserviert werden. In einem ersten Schritt haben wir zwölf Prozent markiert. Es wird nun eine Evaluierungsphase geben, und dann werden wir auch die restlichen acht Prozent zur Verfügung stellen.

derStandard.at: Ihre Vorgängerin Ursula Stenzel hat immer wieder polarisiert mit ihren Forderungen. Zum Beispiel hat sie einmal ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum gefordert. Sind Sie auch dafür?

Figl: Zu einem totalen Verbot im öffentlichen Raum wird es nicht kommen. Aber wir haben Problemzonen in der Inneren Stadt. Da muss man schauen, was man hier tun kann, um die Situation zu verbessern. Ich bin nicht der Typ, der sagt, wir verbieten und bestrafen alles. Ich setze auf Ausgleich, man kann über alles reden. Ich bin für mehr Sozialarbeiter. Verbot ist das allerletzte Mittel.

derStandard.at: Welche Problemzonen sprechen Sie an?

Figl: Wir haben das Bermudadreieck, wo es immer wieder Beschwerden gibt. Der erste Bezirk ist das Zentrum von Wien. Es kommen viele verschiedene Interessen zusammen: auf der einen Seite Wirtschaftstreibende, die ihren Betrieb, ihr Lokal betreiben wollen; auf der anderen Seite die Bewohner, die ihre Lebensqualität fordern. Man darf die Leute nicht gegeneinander aufhetzen, sondern muss sie an einen Tisch bringen und versuchen, gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

derStandard.at: Wie sind Ihre Vorstellungen von einer Umgestaltung des Schwedenplatzes?

Figl: Das Problem ist leider, dass unser Bezirk wirtschaftlich der reichste ist, wir aber nichts davon haben, weil die Stadt alles lukriert. Wir sind angewiesen auf die Stadt Wien. Wir werden darauf drängen, dass es zu einer Umgestaltung kommt: vom Ringturm bis zur Urania, hinunter bis zum Ufer in Richtung "kleine Donau", sprich Donaukanal. Das gesamte Areal muss neu gestaltet werden. Eine Untertunnelung wäre eine schöne Lösung, hier warten wir auf die Machbarkeitsstudie.

derStandard.at: Sind Sie mit den bisherigen Vorschlägen Maria Vassilakous einverstanden?

Figl: Sie hatte die Idee, dass ein oder zwei Spuren gestrichen werden sollen. Wir haben eine Aktion gestartet, und sie hat die Forderung zurückgenommen. Im Bezirk gibt es einige Beispiele, wo die Zusammenarbeit nicht so gut funktioniert hat. Es ist schade, dass Vassilakou versucht, mit der Brechstange zu agieren. Wir würden uns oft mehr Zusammenarbeit wünschen. Das ist grundsätzlich mein Angebot an die Stadtregierung.

derStandard.at: Wie bewerten Sie Rot-Grün?

Figl: Diese Koalition ist leider eine vergebene Chance. Ich habe mir mehr erwartet. Es wird sehr viel Ideologie gemacht. Der Karl-Lueger-Ring wurde umbenannt; das ist schade, wenn es mehr Ideologie gibt als tatsächliche Reformen. Die würden wir uns wünschen für den Bezirk.

derStandard.at: Was ist das Ziel für die Wahl?

Figl: Bezirksvorsteher zu werden und Stimmen dazuzugewinnen.

derStandard.at: Bei der Nationalratswahl haben die Neos mit 15,6 Prozent ein sehr gutes Ergebnis eingefahren, die ÖVP hat deutlich verloren. Wie reagieren Sie darauf?

Figl: Es ist wichtig, unser Programm zu fahren, den Bewohnern zu sagen, was wir erreichen wollen. Wir kennen uns in der Inneren Stadt aus, weil wir seit Jahren an diesen Dingen arbeiten. Ich selbst bin schon länger in der Inneren Stadt engagiert. Unser Angebot ist ein Generationenwechsel. Da werden viele sagen: Ja, da tut sich was. Da gibt es neue Leute.

derStandard.at: Wird der Generationenwechsel auch in anderen Bezirken folgen? In Döbling oder Währing?

Figl: Das muss jeder Bezirk selber für sich entscheiden, wann es Zeit für einen Generationenwechsel ist.

derStandard.at: Sie kommen aus einer politischen Familie, ihr Großonkel war der ehemalige Bundeskanzler Leopold Figl. Wie sind Sie sozialisiert worden?

Figl: Es ist zuhause sehr viel über Politik gesprochen worden. Entgegen dem Trend, den wir allgemein haben, war Politik für mich immer etwas Positives. Ich habe von Kindheit an erfahren, dass man etwas verändern kann. Dieser positive Zugang ist mir geblieben. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 12.11.2014)