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Hannes Kartnig am Mittwoch vor Gericht.

Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Graz - Der Kiebitz in der zweiten Reihe wird langsam ungeduldig: "Er muss wohl erst fertig frühstücken." Hannes Kartnig lässt sich Zeit mit seinem Auftritt. Schließlich, mit einiger Verspätung, öffnet sich die Gerichtstür und der ehemalige Fußballpräsident tritt ins Blitzlichtgewitter. Begleitet von zwei Wachebeamten, die ihn aus der Haft abgeholt hatten.

Dunkler Nadelstreif, weißer, gelockter Fußballerschlurf wie immer, das Gesicht gesenkt. Hannes Kartnig macht heute auf ganz leise. "Es tut mir wahnsinnig leid, was passiert ist", sagt er wenig später, als er um ein mildes Urteil für den Vorwurf des Förderbetruges bittet. "Ich hab Fehler gemacht und die Übersicht verloren, ... ich hab eine Krebserkrankung erlitten ... und bin jetzt auch nicht ganz gesund, das Ganze geht mich halt schon sehr an. Ich wollte das Land nie täuschen, ich hatte immer gute Beziehungen zu Landesräten. Ich bitte Sie höflichst, dass Sie mir das glauben und machen Sie mir das Leben ...", da stockt der Redefluss, "... ich bin eh schon am Ende."

Kartnigs Büßerrede beeindruckt den Schöffensenat nicht wirklich. Wegen teilweise versuchten schweren Betruges sowie grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen wird Kartnig am Mittwoch nach kurzem Prozess zu vier Jahren und einem Monat unbedingter Haft verurteilt. Plus Fußfesselverbot. Kartnig will Bedenkzeit, der Staatsanwalt beruft umgehend.

Die Verurteilung betrifft vor allem den Vorwurf des Förderbetruges. Kartnig wird beschuldigt, versucht zu haben, vom Land Steiermark eine Haftung in der Höhe von 1,2 Millionen Euro für einen Kredit herauszulocken. Dies unter Verschweigen der damals prekären Finanzsituation des Fußballklubs. Die Förderung kam zwar nie zustande, strafrechtlich zählt aber auch der Versuch. Der entsprechende Schuldspruch vom Erstgericht war zwar vom Obersten Gerichtshof schon bestätigt worden, das Strafausmaß wurde allerdings ausgesetzt und nun am Mittwoch fixiert. Die Finanzstrafe büßt Kartnig bereits in Haft ab, nachdem ihm die Fußfessel wieder abgenommen worden war.

Bei der teilweisen Wiederaufnahme des Erstprozesses werden auch die Kartenmanipulationen neu verhandelt, hier drohen Kartnig und auch anderen mitangeklagten Ex-Sturm-Vorstandsmitgliedern weitere Haftstrafen. Es geht um den Vorwurf, dass Kartenerlöse für Schwarzgelder an Spieler verwendet und damit die Bundesliga und der steirische Fußballverband um Beitragsgelder betrogen worden sein sollen.

Klassenjustiz

Zu Schreiduellen mit dem knochenharten Ankläger Johannes Winklhofer wird es diesmal wohl nicht mehr kommen. Kartnig will keine einzige Frage des Staatsanwaltes mehr beantworten. Von Minute zu Minute stieg allerdings die Explosionsgefahr, als Winklhofer zu einer Abrechnung ausholte. "Unverfroren" sei Kartnig, dass er 14.000 netto verdiene und keinen Cent an die Gläubiger zurückzahle, nicht einmal 300 Euro für einen Rasenhumus. Kartnig schnaubt ins Mikrofon. Es sei "Klassenjustiz", dass er sich, der Reiche, mit der Fußfessel alles habe leisten können. Winklhofer: "Er muss gar nicht in die Oper, er kann sich Sänger nach Hause holen - auch das Fünfsternemenü."

Ein Urteil gibt's im Dezember. (Walter Müller, DER STANDARD, 13.11.2014)