Der österreichische Astrophysiker, Buch- und Blog-Autor schreibt ab sofort auch für derStandard.at über das Thema Pseudowissenschaften

Foto: Simon Kumm/Susanne Schlie

Wien - Als Johann Nestroy seine Posse Der böse Geist Lumpazivagabundus schrieb, fürchteten sich die Menschen, ein Komet könnte die Erde zerstören. "Die Welt steht auf kein' Fall mehr lang", der Refrain des berühmten Kometenliedes, das im Stück immer wieder gesungen wird, beschreibt die trunkene Untergangsstimmung, die zur Zeit der Uraufführung im April 1833 herrschte.

Auch 1910 wurde die Erde von einem Kometeneinschlag bedroht. Der Halleysche Komet war in gefährlicher Nähe. In Wien feierte man in der Nacht des 20. Mai 1910 deshalb zahlreiche Partys frei nach dem Motto: "Zum letzten Mal lustig sein, morgen brauchen wir kein Geld mehr." Die Zeitungen des kommenden Tages hatten eindeutige Schlagzeilen: "Es war eine Silvesternacht im Mai." In einem Text hieß es: "Die Menge war wie närrisch."

Ein Weltraumabenteuer

An diesem Mittwoch werden die Menschen nicht von einem Kometen bedroht. Aber die erste unbemannte Mission landet nach einer mehrjährigen Reise auf einem dieser Schweifsterne - wenn alles gutgeht. Der aus Österreich stammende Astrophysiker, Buchautor und Blogger Florian Freistetter hat dieses, wie er sagt, "aufregendste Weltraumabenteuer der letzten Jahrzehnte" zum Anlass genommen, ein kleines, feines E-Book über die Mission, aber auch über die große Angst der Menschen vor Kometen zu schreiben: Rosetta. Rendezvous im All (Hanser-Box, 37 Seiten, E-Pub-Format, 2,99 Euro).

Freistetter: "Die seltsamen Himmelskörper waren den Menschen immer schon unheimlich. Die alten Völker und Kulturen waren sich einig, dass ein Komet nichts Gutes bedeuten kann." In der Rosetta-Mission geht es freilich nicht um Ängste. Hier soll analysiert werden, woraus Kometen bestehen, denn sie sollten Urbausteine aus Zeiten der Entstehung des Sonnensystems vor 4,5 Milliarden Jahren enthalten.

Dissertation über Asteroiden

Florian Freistetter weiß, worüber er schreibt. Er studierte Astronomie und schrieb seine Doktorarbeit über Asteroiden. Er arbeitete an den Universitätssternwarten in Wien, Jena und Heidelberg. Irgendwann trieb es ihn aber doch zu einer Beschäftigung, die ihm schon immer Freude bereitete: zum Schreiben. 2008 begann er zu bloggen. Astrodicticum simplex ist heute der meistgelesene Wissenschaftsblog im gesamten deutschen Sprachraum.

Von der aktiven Forschung hat er sich ganz verabschiedet. Stattdessen schreibt er unter anderem Bücher - und das sehr erfolgreich: Der Komet im Cocktailglas (2013, Hanser) wurde zum "Wissenschaftsbuch des Jahres" gewählt.

Freistetter schreibt auch über Pseudowissenschaften. Humbug, der, getarnt als wissenschaftliche Erkenntnis, Menschen zum Geldausgeben verleitet, weil man ihnen mehr Glück und Gesundheit verspricht. Freistetter sagt: "Eine umfassende Wissenschaftsvermittlung kann es sich nicht leisten, diesen Schmarrn zu ignorieren. Sie sollte auch nicht nur passiv auf das reagieren, was die Esoteriker laufend in die Welt setzen. Sie muss sich aktiv an die Öffentlichkeit wenden und die Pfui-Themen aus eigenem Antrieb aufgreifen." Recht hat er - deshalb haben wir ihn eingeladen, ab sofort unter dem Titel "So ein Schmarrn!" zweimal monatlich auf derStandard.at zu bloggen. Wir wünschen eine interessante Lektüre! (Peter Illetschko, DER STANDARD, 12.11.2014)