Fabio Giacobello betreibt das Restaurant Fabios in der Wiener Tuchlauben.

Foto: Nathan Murrell

STANDARD: Haben Sie sich schon über Pasta in Österreich geärgert?

Fabio Giacobello: Wir haben in Modena geniale Ravioli gefunden. Die haben wir in Wien serviert. Aber die Kunden meinten, na ja, hm, eine Packerlwirtschaft. Was soll ich sagen? Die kommen nicht aus dem Packerl, die sind von Hand gedreht! Jetzt servieren wir sie nur noch in der Suppe.

STANDARD: Muss man die Pasta an den Geschmack der Österreicher anpassen?

Giacobello: Es ist schwer, den Österreichern den Unterschied zwischen hausgemachter Pasta und Hartweizennudeln klarzumachen. Wenn wir Tagliatelle servieren, frische Eiernudeln, die weich sein müssen, werden die als nicht al dente zurückgeschickt. Und wenn dann Penne rausgehen, gelten die als zu hart.

STANDARD: Wie kocht man denn Pasta perfekt?

Giacobello: Pasta musst du fühlen, Pastamachen muss dir Spaß machen, braucht Fantasie. Das ist ja ein Vorwurf, den ich vielen österreichischen Köchen mache: Pasta und Risotto werden gern belächelt. Das hab ich bei Starköchen gesehen, die finden das sehr banal, Pasta zu machen. Ich finde, das ist eine Herausforderung. Ich hab so viel Pampe an Risotto gegessen in diesem Land, wo ich mich doch gewundert habe. Bei Pasta das Gleiche.

STANDARD: Sind Italiener bessere Pastaköche?

Giacobello: Nein. Wir hatten einen italienischen Pastakoch, der war eine Katastrophe. Wobei: Als Italiener hast du ein anderes Gefühl dafür, noch aus der Kindheit. Wenn du wo aufwächst, wo es sonntags Schnitzel und Braten gibt, ist das anders, als wenn Spaghetti oder Rigatoni gemacht werden. Aber es gibt genug Köche, die nicht aus Italien kommen und trotzdem geniale Pasta kochen.

STANDARD: Was ist für Sie denn eine geniale Pasta?

Giacobello: Neapolitana, Tomaten und Basilikum. Pasta muss eine gewisse Leichtigkeit haben.

STANDARD: Ganz so simpel sind die Kreationen in Ihrem Restaurant dann aber nicht.

Giacobello: Na ja, wir haben die Klassiker wieder entdeckt. Wir haben lange herumgetüftelt, was wir machen sollen und dann einfach Tagliatelle mit Sugo auf die Karte gegeben. Das ist gelaufen wie die Pest, die Leute haben das gegessen, als ob sie es gratis kriegen.

STANDARD: Tun sie aber nicht. Ihre Pasta kostet 17, 18 Euro. Nicht wenig für Nudeln ...

Giacobello: ... zwischen 14 und 20 sogar. Die italienische Küche hat eine Bösartigkeit: Alle Produkte müssen sehr gut sein, damit das Endergebnis wirklich gut ist. Es ist eine sehr klare Küche, die einfachen Sachen sind oft die schwersten. Carbonara, die du mit richtig gutem Käse machst, hat eine Leichtigkeit und einen Geschmack, sensationell. Viele Betreiber von italienischen Restaurants hier haben wenig Ahnung von Italien. Bolognese oder Carbonara, diese ganz banalen, aber genialen Sachen, werden oft schlecht gemacht. Es gibt Italiener, die vorher Maurer waren und sich dann überlegt haben, im Ausland ein Restaurant aufzumachen. Da steckt dann kein Plan dahinter, die arbeiten mit sehr billigen Produkten.

STANDARD: Woran merkt man denn, dass die Nudeln selbst nicht einfach nur billig sind?

Giacobello: Wenn sie im Niemandsland sind, in Griechenland, in Mexiko, überall, bekommen sie Barilla. Für mich ist das die schlimmste Pasta überhaupt. Als wir Kinder waren, haben wir im Sommer Spaghetti al pomodoro gekocht - viel mehr, als wir essen konnten. Dann haben wir sie stehen gelassen, und am Nachmittag, wenn wir vom Meer gekommen sind, waren da die kalten Spaghetti - das war das Beste, was es gibt. So. Wenn sie das mit Barilla machen, ist das ein Gatsch, wie ihr in Österreich sagt. Die Pasta, die wir hier haben, hält das al dente. Daran erkennen Sie gute Pasta.

STANDARD: Welche kaufen Sie denn?

Giacobello: Für zu Hause De Cecco. Aber die Pasta, die wir hier im Fabios haben, ist genial, meine Geheimwaffe. Sie ist direkt aus Italien, mehr kann ich nicht verraten.

STANDARD: Wo gehen Sie in Wien Pasta essen?

Giacobello: Ich geh in Wien nicht Pasta essen. Hier italienisch essen zu gehen ist mir nie durch den Kopf gegangen. Ich bin ein extremer AsienFan und mag das Mochi. (Tobias Müller, Rondo, DER STANDARD, 14.11.2014)