Teure Tiefgaragenstellplätze, die dann nicht genutzt werden, sind der Albtraum jedes Bauträgers.

Foto: iStock/anjafranzke

E-Auto für Bewohner: "Beatrixgarten" in Wien 3.

Visualisierung: comm.ag

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Pkw-Stellplätze sind eines der umstrittensten Themen im zeitgenössischen Wiener Wohnbau. Sie sind sehr teuer in der Errichtung und noch teurer dann, wenn sie nach Fertigstellung nicht gebraucht werden. Was immer häufiger der Fall ist, weil mehr und mehr Stadtbewohner auf ein eigenes Auto verzichten.

Die im vergangenen Juli in Kraft getretene neue Bauordnung hat das Problem zwar ein Stück weit entschärft, indem von der 1:1-Regelung – ein Stellplatz pro Wohnung – zu einer Regelung gewechselt wurde, die nur noch pro 100 Quadratmeter Wohnnutzfläche einen Stellplatz vorsieht. Weil im geförderten Wohnbau immer mehr kleinere Wohnungen gebaut werden, sind die (Tief-)Garagen nun immerhin etwas billiger. Den Bauträgern geht die neue Regelung aber noch nicht weit genug. Sie verweisen auf Städte wie Berlin, wo es überhaupt keine Stellplatzverpflichtung mehr gibt. Auch die Ablösen, die dann fällig werden, wenn man die geforderten Stellplätze nicht errichten kann – 12.000 Euro pro Stellplatz -, sind vielen weiterhin ein Dorn im Auge.

Zweigeteilte Nutzerschaft

Dass die Stellplätze nicht nur bei vielen Bauträgern unbeliebt sind, zeigt eine Anekdote des Bauträgers Jörg Wippel (wvg): Er errichtet demnächst ein Eigentumsprojekt in der Seestadt Aspern, das ganz ohne Stellplätze auskommt, und wo es auch rundherum keine Parkplätze geben wird. "Die Hälfte unserer Interessenten hat gesagt, das kommt überhaupt nicht infrage. Die andere Hälfte hat gesagt: Super, das wollen wir", sagt Wippel zum Standard.

In der Seestadt gibt es grundsätzlich fast nur Sammelgaragen. Wer will, kann sein Auto also auch dort abstellen. Andere Bauträger versuchen, mit alternativen Modellen wie Carsharing innerhalb einer Wohnhausanlage den Bewohnern den Verzicht aufs eigene Auto schmackhaft zu machen. Die ARE Development beispielsweise, eine (Enkel-)Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), probiert das aktuell bei einem Bauprojekt in der Beatrixgasse in Wien-Landstraße. Dort, im freifinanzierten Eigentumsprojekt "Beatrixgarten", sollen die künftigen Wohnungseigentümer – einige Einheiten sind noch verfügbar, Fertigstellung ist für Ende 2015 geplant – beziehungsweise alle weiteren gemeldeten Bewohner künftig Zugang zur Nutzung eines BMW i3 haben. Dafür hat die ARE Development eine Kooperation mit der BMW-Tochter Alphabet Austria GmbH abgeschlossen, die im Auftrag der ARE die Bereitstellung, Instandhaltung und Wartung der Fahrzeuge übernimmt. Über eine App sollen die Bewohner bis zu drei Tage im Voraus ein Zeitfenster reservieren können, in dem sie das Auto nutzen dürfen.

Zunächst für vier Jahre

Für die ersten vier Jahre übernimmt die ARE die Leasingraten, "die laufenden Kosten werden über die Betriebskosten abgerechnet", erklärt Geschäftsführer Hans-Peter Weiss. Nach Ablauf des Leasingvertrages müssen die Wohnungseigentümer entscheiden, ob sie übernehmen wollen.

Die ARE denkt schon an zwei weitere Projekte. Demnächst soll auch das freifinanzierte Wohnprojekt "Argento" in Wien-Wieden, wo 75 Wohnungen entstehen, mit einem E-Auto ausgestattet werden, und auch die "Rosenhöfe" in Graz, die kurz vor Baustart sind.

Auch Bauträger Wippel liebäugelt schon länger mit eigenen Carsharing-Systemen innerhalb seiner Wohnhäuser. Allerdings fehlt es für ihn dabei noch an den nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere im Zusammenspiel mit dem geförderten Wohnbau sieht Wippel noch viel Verbesserungspotenzial. "In einer Anlage mit weniger als 50 Wohnungen ist das nicht finanzierbar", glaubt Wippel. Das System käme für ihn deshalb nur dort infrage, wo er mit gemeinnützigen Bauträgern zusammenarbeitet. Genau hier aber fehlt es noch an legistischen Mitteln, dies innerhalb des gemeinnützigen Bereichs darzustellen, sagt Wippel.

Gespräche mit der Stadt

Gespräche mit der Stadt Wien habe es aber bereits gegeben, berichtet der Bauträger. Dabei ging es insbesondere darum, seitens der Stadt die Möglichkeit zu schaffen, anstatt die bereits erwähnten Ablösezahlungen an die Bezirke zu leisten, lieber ein eigenes Carsharing-System zu finanzieren.

Wippel hofft jetzt auf stärkere Unterstützung aus dem gemeinnützigen Sektor sowie darauf, dass die Gespräche mit der Stadt "in den nächsten eineinhalb Jahren" Ergebnisse bringen. (mapu, DER STANDARD, 8.11.2014)