Eine Taucheruhr vom Flohmarkt, ein selbstentworfener Ring oder die goldene Uhr des Vaters: RONDO Exklusiv fragte fünf Zeitgenossen, welches Schmuckstück ihnen besonders ans Herz gewachsen ist

Herbert Prohaska: "Mein erster Anfall von Revoluzzertum"

Ich trage eine IWC, und wenn ich hinten draufschau, steht dort "Fliegerchronograph". Sonst nix. Ich habe die Uhr von meiner Frau geschenkt bekommen. Keine Ahnung, wie lange das her ist, also wird's schon ein Zeitl her sein, wahrscheinlich zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Natürlich bedeutet sie mir viel, so wie alles, was mir ein lieber Mensch schenkt, das kann sogar ein Sacktüchl sein. Das hat nichts mit dem Geldwert zu tun.

Ich hab auch noch andere Uhren, aber die sind definitiv nichts wert. Die liegen zusammen mit Pokalen und Medaillen in einer Vitrine und werden nicht getragen. Eine hab ich bekommen, als wir mit der Austria gegen Real Madrid gespielt haben. Auf der Uhr steht "Real Madrid". Dann hab ich noch so eine Plastikuhr von Inter Mailand.

Ich trag die Uhr täglich, auch in der Nacht. Ich schau auch oft auf die Uhr, denn ich habe viele Termine. Wenn ich in der Welt des Fußballs etwas hundertprozentig gelernt habe, dann ist das Pünktlichkeit. Da schaut man dann halt auch öfter auf die Uhr, damit man auch pünktlich ist. Außerdem trage ich meine Uhr am rechten Handgelenk. Das hat folgende Bewandtnis: Als ich meine erste Uhr bekam, es war eine Timex, habe ich sie mir ans rechte Handgelenk gegeben. Die anderen Buben in der Schule haben gemeint, dass ich die Uhr falsch trage. Da hab ich mir gedacht: Nur weil sie jeder links trägt, muss ich sie nicht auch links tragen. Das war wahrscheinlich mein erster Anfall von Revoluzzertum. Die Uhr habe ich übrigens von meinen Eltern bekommen, irgendwann in der Hauptschule. Ich war sehr stolz auf das Stück.

Herbert Prohaska ist eine österreichische Fußballerlegende und Fußballanalytiker beim ORF.

Foto: Julian Mullan

Elisabeth Gürtler: "Keine Riesenkreolen zum Business-Meeting"

Dieses Armband in Form einer Trense ist mir sehr ans Herz gewachsen. Trense nennt man einen Bestandteil des Zaumzeugs für Pferde. Ich finde es sehr stylish und trage es eigentlich immer, so wie meinen Ehering. Es ist ein einfaches Stück, das ich mir einmal selbst gekauft habe. Gefertigt wurde es aus Silber, die Steinchen sind geschliffene Bergkristalle, glaub ich zumindest. Ich bin eine totale Pferdenärrin, und mit diesem Objekt, kann ich zeigen, wie wichtig mir Pferde sind. Mein allererstes Schmuckstück war übrigens auch eine Trense. Ich hab es von meinem Vater geschenkt bekommen, als ich acht Jahre alt war. Natürlich habe ich es noch.

Den Schmuck, den ich von meinem ersten Mann Peter Gürtler geschenkt bekam, habe ich meiner Tochter Alexandra zu ihrer Hochzeit geschenkt. Ich bin ja wiederverheiratet und finde, der Schmuck steht der Tochter aus dieser ersten Ehe zu. Ich bekomme von meinem Mann Helmut Lohner auch Schmuck geschenkt. Allerdings versucht er, mir nicht zeitlosen, sondern schicken Schmuck zu schenken, wissend, dass dieser vielleicht in 15 Jahren nicht mehr in Mode ist.

Schmuck muss heutzutage nicht mehr unbedingt wertvoll sein. Er muss zur Kleidung passen und soll die Persönlichkeit unterstreichen. Es ist durchaus möglich, mit Schmuck ein simples Kleid zu etwas Besonderem zu machen. Es können zehn Frauen das gleiche Kleid tragen, es wird durch die gewählten Accessoires bei jeder anders aussehen. Man sollte wissen, welchen Schmuck man wann trägt. Ich werde auf dem Opernball keinen Schmuck tragen, der witzig-fancy daherkommt und mich für ein Business-Meeting nicht mit Riesenkreolen behängen. Ich will mich mit Schmuck schmücken, nicht Wert repräsentieren.

Elisabeth Gürtler ist Geschäftsführerin der Sacher-Hotels und Generaldirektorin der Spanischen Hofreitschule.

Foto: Julian Mullan

Florian Horwath: "Startknopf in eine andere Galaxie"

Meine Uhr ist eine Omega Seamaster 600 aus den 1960er-Jahren. Es handelt sich um eine Taucheruhr mit einem sehr charakteristischen roten Arretierknopf. Er verhindert, dass man den Tauchring unter Wasser in die falsche Richtung dreht. Mir gefällt der Knopf. Es könnte auch ein Startknopf sein, der einen in eine andere Galaxie befördert. Ich glaube, der Meeresforscher Jacques Cousteau hat auch eine solche Uhr getragen. Sie ist irgendwie absurd, riesig, unfassbar schwer und hat mir immer schon irrsinnig gut gefallen.

Gefunden habe ich sie auf einem Flohmarkt in London, als ich mit der Band The Cardigans auf Europatour war. Sie war in sehr schlechtem Zustand. Der Typ, der sie verkaufte, hat mir einen Preis genannt, der utopisch für mich war. Es hat sich dann herausgestellt, dass der Mann aus Vorarlberg stammte. Wie auch immer, jedenfalls habe ich alles, was ich an Euro, Pfund und Schweizer Franken hatte, zusammengekratzt und ihn irgendwann doch überreden können, sie mir viel günstiger zu geben. Zum Bankomaten bin ich übrigens auch noch gegangen. Ich hab mich riesig gefreut.

Irgendwann konnte ich es mir auch leisten, sie restaurieren zu lassen. Zu diesem Zweck war sie einige Monate in der Schweiz. Früher habe ich Uhren gesammelt, so LED-Stücke aus den 1970er-Jahren und Uhren von Heuer, bevor daraus TAG Heuer wurde. Irgendwann hab ich damit aufgehört. Eigenartigerweise habe ich nie eine dieser Uhren getragen, bis ich mir gesagt habe, Uhren sind zum Tragen, nicht zum Sammeln da. Ich hab dann fast alle Stücke abgestoßen. Mit dieser Omega am Arm geh ich jetzt durchs Leben und werde im besten Falle alt mit ihr. Ich trage sie fast immer, und mir gefällt der Gedanke, sie eines Tages an meinen Sohn weiterzugeben.

Florian Horwath ist Schauspieler und Musiker. Vor kurzem erschien von The Florian Horwath Ensemble das Album "And then we explode".

Foto: Julian Mullan

Esther Stocker: "Spielzeug für Erwachsene"

Ich habe diesen Ring im Krankenhaus zur Geburt unseres Sohnes namens Sander von meinem Mann bekommen. Das ist jetzt ungefähr zwei Jahre her. Allein das ist schon etwas Besonderes, aber die Geschichte geht noch weiter. Mein Mann, der eigentlich Fotograf ist, hat den Ring selbst entworfen, ausgeführt hat den Entwurf dann mein Schwiegervater, ein Goldschmied.

Es ist ein sehr schönes und unglaublich persönliches Schmuckstück aus Gold. Betrachtet man den Ring, erkennt man zwei Quadrate, die ineinanderwachsen, wobei das eine Viereck einen Aquamarin umgibt. Ich trage den Ring nicht jeden Tag, das geht allein schon wegen meiner Arbeit nicht, da meine Hände oft von Farbe verschmiert sind. Manchmal stecke ich ihn mir an den Finger, wenn ich ausgehe, dann auch wieder nur aus Lust und Laune.

Mein allererster Schmuck, abgesehen von den Ketten aus Nudeln im Kindergarten, waren Ohrringe. Und da fällt mir noch eine Goldkette ein, die ich von meiner Großmutter bekommen habe. Die ist leider irgendwann verschwunden. An anderen Menschen nehme ich Schmuck als etwas sehr Heiteres wahr, als ein Objekt, das mir neben seiner eigentlichen Symbolik wie eine Art Spielzeug für Erwachsene vorkommt. Ich mag das, denn im Spiel manifestiert sich etwas, das ein Stück vom Freigeist eines Menschen erkennen lässt.

Esther Stocker stammt aus Südtirol, beschäftigt sich in ihrer Kunst unter anderem mit Malerei, Video und Installationen und wird von der Wiener Galerie Krobath vertreten.

Foto: Julian Mullan

Stefano Bernardin: "Wie in 'Pulp Fiction'"

Meine Uhr ist eine Universal Geneve. Ich weiß gar nicht, ob es die Marke noch gibt. Es ist eine goldene Uhr, ein dezentes Stück mit schwarzem Lederarmband. Sie kam auf klassischem Weg zu mir. Ich habe sie von meinem Vater bekommen, wie im Film Pulp Fiction, da kommt doch auch die goldene Uhr des Vaters vor. Er hat mir die Uhr zur Matura geschenkt. Sie hat damals gar nicht zu mir gepasst und verschwand im Tresor. Aber mittlerweile nehme ich sie zu besonderen Anlässen schon heraus. Zum Beispiel zum ersten Schultag eines meiner dreier Kinder, bei eine Tanzaufführung meiner Nichte oder zu einer Premiere.

Die Uhr ist für mich definitiv ein Schmuck-Accessoir. Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben, allein deshalb schon hat die Uhr jetzt eine ganz andere Bedeutung für mich. Die Uhr war zum Zeitpunkt des Schulabschlusses eine Art erste Abnabelung, und der Tod eines Elternteils ist das auf gewisse Weise auch. Die Uhr ist eine ganz besondere Art der Erinnerung an die Zeit mit meinem Vater. Ich hab übrigens noch eine Uhr von ihm bekommen, eine Jacques Lemans. Und eine Junghans von Max Bill darf ich auch mein Eigen nennen. Nachdem ich drei Söhne habe, weiß ich auch schon, was mit den drei Uhren passieren wird. Fragt sich nur, wer die goldene kriegt. Die drei Buben sind übrigens auch der Grund, warum ich die Uhr so selten trage. Die Kinder sind in einem ziemlich wilden Alter, da wäre mir angst und bang um die Uhr.

Ob die Zeit auf der Bühne anders vergeht? Schon. Wenn man gut in einem Stück drin ist, dann vergeht sie schneller, hat man das Gefühl, die Leute langweilen sich, vergeht sie eindeutig langsamer, schleppt sich dahin.

Der Schauspieler Stefano Bernardin lebt in Wien und ist momentan als Conférencier im Kabarett Simpl zu sehen. Die aktuelle Simpl-Revue läuft bis Juni 2015.

(Michael Hausenblas, Rondo exklusiv, DER STANDARD, 12.11.2014)

Foto: Julian Mullan