Budapest - Der Europäischen Union stelle sich heute die Frage, ob sie in die Reihe der misslungenen Utopien der Weltgeschichte trete. Das schrieb der ungarische Premier Viktor Orban anlässlich der Veröffentlichung des Buches "Aus Sorge um Europa - ein Appell" des deutschen Altkanzlers Helmut Kohl auf seiner Website.

"Wenn wir nicht aufpassen, kann die Union zu einem neuen, lehrreichen Beispiel der fehlerhaften utopistischen Versuche werden", so Orban. "Es ist unsere Aufgabe, das zu verhindern", fügte er hinzu.

Kohls Buch sei auch für ungarische Leser ein wichtiger Wegweiser, nämlich in dem Punkt, dass "die kleinen (EU-)Mitgliedsstaaten genauso viel wert sind wie die großen". Die Realität in Europa seien die Nationen, die Vereinigten Staaten von Europa seien eine Utopie.

"Selbstmord"

Es gebe in Europa viele Tausende Jahre alte nationale Wurzeln, deren Durchtrennung einem "Selbstmord" gleichkäme. Die Nationen müssten verstärkter in die Arbeit der Europäischen Union einbezogen werden. "Die Ungarn stimmen mit Helmut Kohl überein: Wir wollen kein eigenständiges, bürokratisches zentral verwaltetes Mammutinstitut." Orban erinnerte an den Anspruch auf die Schaffung und den Erhalt des Friedens als ein Ziel bei der Gründung der Union.

Im Zusammenhang mit Ungarn kritisierte der Premier: Heute seien die Vertreter der gleichen politischen Kräfte wegen der "Abwendung Ungarns von den europäischen Werten" besorgt, die (wie das auch aus dem Kohl-Buch hervorgehe), während sie regierten, die wirtschaftlich-finanzielle Stabilität und die außenpolitische Zuverlässigkeit Europas auf dem Altar kurzfristiger parteipolitischer Vorteile geopfert hätten. (APA, 8.11.2014)