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Etwa 645.000 Österreicher leiden an Diabetes - mit der Dunkelziffer dürfte die Zahl nochmals deutlich höher sein.

Foto: dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

In Österreich werden derzeit pro Jahr rund 1,94 Milliarden Euro für die Betreuung von Zuckerkranken aufgewendet. 1,7 Milliarden Euro davon sind die direkten Diabetes-Therapiekosten - etwa fünf Prozent der Gesundheitsausgaben. Das hat die erste derartige Berechnung durch Experten von Joanneum Research im Auftrag des Pharmakonzerns Sanofi ergeben.

Hohe Dunkelziffer

Die Zuckerkrankheit ist ein ausgesprochen großes Problem in Sachen Volksgesundheit. Acht bis neun Prozent der Österreicher sind Diabetiker. Das sind etwa 645.000 Menschen, 430.000 davon mit der Diagnose des nicht insulin-abhängigen Typ-2-Diabetes, der Rest - zehn Prozent der Patienten - sind insulin-abhängige Typ-1-Diabetiker. Es wird allerdings auch eine hohe Dunkelziffer bei Typ-2 vermutet.

Wolfgang Habacher von Joanneum Research hat mit einem "Bottom Up"-Ansatz versucht, eine konservative Berechnung der Aufwendungen durchzuführen. Dabei wurden "idealtypische" durchschnittliche Patientenkarrieren "konstruiert" und schließlich hochgerechnet.

Dabei zeigte sich, dass man für die etwa 50.000 österreichischen Typ-1-Diabetiker mit Gesamtausgaben für die Therapie von rund 260 Millionen Euro pro Jahr rechnen muss. Die Blutzucker-senkenden Medikamente machen mit 13 Prozent oder 34 Millionen Euro pro Jahr nur einen relativ geringen Anteil aus - die Behandlung der Spätkomplikationen mit 51 Millionen Euro (19,9 Prozent) schon einen deutlich höheren Prozentsatz.

Vor allem Typ-2-Diabetes

90 Prozent der Zuckerkranken sind Typ-2-Diabetiker. Auf sie entfallen 1,76 Milliarden der Diabetes-Behandlungskosten, wobei das nur die bekannten Fälle sein können. Die Blutzucker-senkenden Arzneimittel (vor allem orale Antidiabetika) machen 5,6 Prozent (94 Millionen Euro) aus, die Aufwendungen für die Therapie der Spätkomplikationen gar 810 Millionen Euro.

"Pro Jahr betragen die Behandlungskosten für einen Typ-1-Diabetiker zwischen 4.600 und 5.100 Euro, für einen Typ-2-Diabetiker zwischen 3.100 und 4.000 Euro", sagt Habacher. Durch die lange Krankheitsdauer mit Ausbruch der Erkrankung zumeist schon im Kindes- oder Jugendalter "kostet" ein Typ-1-Diabetiker dem Gesundheitswesen im Laufe seiner Lebenszeit rund 220.000 Euro, ein Typ-2-Diabetiker hingegen etwa 58.000 Euro.

Interessant ist freilich, dass im vorherrschenden Finanzierungssystem des Gesundheitswesens in Österreich drei Viertel der Ausgaben für Typ-1-Diabetiker (vor allem die Medikamente) bei der Sozialversicherung, also den Krankenkassen, anfallen, für Typ-2-Diabetiker hingegen wegen der vermehrten Spitalsaufenthalte die Hälfte der Kosten bei den Bundesländern und beim Bund liegen.

Frühe Diagnose notwendig

Der Wiener Experte Peter Fasching, Vorstandsmitglied der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft, betonte die Notwendigkeit einer frühen Diagnose und einer optimalen Behandlung: "20 Prozent der Typ-2-Diabetiker haben bei der Erstdiagnose bereits Spätschäden." Die Erstattung von oralen Antidiabetika sei in Österreich besser als in Deutschland, aber, was beispielsweise die vor Jahren in die Therapie eingeführten Inkretin-Mimetika betreffe, kaum zufriedenstellend. Sie seien nicht in der "Regelerstattung".

Für die Zukunft sollten deutlich verbesserte Betreuungsangebote flächendeckend angeboten werden. Fasching fehle ein "Masterplan", wie man damit umgehe, im Jahr 2030 wohl gar bis zu 700.000 Zuckerkranke in Österreich zu betreuen. Hier könnte eventuell das im Rahmen der Gesundheitsreform erstellte Primary Health Care-Konzept dienlich sein. Freilich, dann müsse auch die Finanzierung der bei Zuckerkranken ständig notwendigen Beratung, Schulung und Information sichergestellt werden, nicht nur die Bezahlung technischer Leistungen. (APA, derStandard.at, 7.11.2014)