Die Zentrale soll es also richten. Schaffen es die Landesparteien nicht, für einen 40-prozentigen Frauenanteil in den politischen Institutionen zu sorgen, kann der SPÖ-Bundesparteivorstand overrulend eingreifen. Es handelt sich dabei um einen typischen Politikerkompromiss, der aber nur die zweitbeste Lösung ist.

Da sich Parteien, ähnlich wie große Konzerne, nur sehr langsam an neue gesellschaftliche Entwicklungen anpassen, wäre es längst an der Zeit, per Gesetz ein verpflichtendes Reißverschlusssystem für alle Wahllisten vorzugeben. Der derzeitige Frauenanteil im Hohen Haus von 30,6 Prozent kann nur als Armutszeichen gewertet werden.

Ein Eingriff in das freie Wahlrecht wäre eine gesetzliche Quote keineswegs. Auch jetzt können die Bürger nur unter jenen Kandidaten und Kandidatinnen wählen, die von den Parteigremien für würdig befunden wurden. Dort sorgt aber - zumindest bei SPÖ, ÖVP und FPÖ - eine historisch gewachsene Dominanz der Männer dafür, dass Frauen nur langsam auf wichtige Parteipositionen nachrücken.

Die Frauen in SPÖ und ÖVP wären längst für glasklare Bestimmungen zu haben. Sie müssen nur noch ihre männlichen Parteikollegen überzeugen. Nachdem sich der designierte ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner neuerdings ungewöhnlich progressiv gibt, könnte er auch in dieser Frage einen Kurswechsel vornehmen. Er würde zeigen, dass man im Jahr 2014 angekommen ist. (Günther Oswald, DER STANDARD, 7.11.2014)