Große Gewinnerin der Viennale: Spielfilmdebütantin Sudabeh Mortezai (Zweite v. li., mit Team bei der Premiere) wurde mit dem Wiener Filmpreis und dem Erste-Preis ausgezeichnet.

Foto: Robert Newald

Wien - Ihrem Ruf als Publikumsfestival wird die Viennale weiterhin gerecht. Mit 98.200 Besuchern verzeichnet das größte heimische Filmfestival einen leichten Zuwachs gegenüber dem Vorjahr. Eine Überraschung, heißt es im Abschluss-Statement der Viennale, sei zudem der Zuspruch bei den "riskanten" Sonderprogrammen gewesen: beim algerischen Filmemacher Tariq Teguia und bei der 16-mm-Format-Schau.

Um ihrem Ruf als filmkulturelles Ereignis weiterhin zu entsprechen, könnte die Viennale ruhig öfter solche sinnvoll kuratierten Risiken eingehen - programmatische Verdichtungen sind schließlich das, woran man den Wert eines Festivals misst, nicht zuletzt international. Die Auslese der Highlights größerer Veranstaltungen von Berlin bis Venedig ist die notwendige Basisarbeit.

In diesem Jahr überwog der Eindruck einer gewissen Verzettelung: ein "Special Program" hier, ein "In Focus" dort, ein Tribute (ohne Starbesuch) da, drei allzu lose zusammengestellte Positionen unabhängigen Filmemachens dort. Statt inhaltliche Linien zu ziehen, die Zusammenhänge erschließen und präzisieren, streute man Puzzlestücke aus.

Gerade die Viennale könnte die Dynamiken des Weltkinos besser zu Bildern bündeln, an denen man sich abarbeiten kann. So wäre beispielsweise auch eine breitere Auseinandersetzung mit dem skandinavischen Kino möglich gewesen, das dem Festival so spannende Arbeiten wie Ruben Östlunds Turist bescherte, der Donnerstagabend als Abschlussfilm gezeigt wurde.

Für die Zukunft des Festivals wird wohl schon das kommende Jahr entscheidend sein. Es gilt als sicher, dass die Viennale-Direktion neu ausgeschrieben wird - über den Zeitpunkt hält sich Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) noch bedeckt, "man wird erst mit allen Beteiligten Gespräche führen". Der Vertrag von Direktor Hans Hurch läuft noch bis 2016.

Bei der Abschlussgala wur- den auch Preise vergeben: Die Standard-Leserjury prämierte Bird People der Französin Pascale Ferran, "ein fabelhaftes und einzigartiges Kinoerlebnis". Der Film erzählt von zwei Personen, deren Leben eine spontane Wendung nimmt. Der Wiener Filmpreis (je 12.000 Euro) ging an Sudabeh Mortezais Milieustudie um einen Flüchtlingsjungen, Macondo, Hubert Saupers We Come as Friends, der sich mit dem Südsudan befasst, wurde als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Macondo erhielt gemeinsam mit dem Kurzfilmprojekt Eden's Edge (Gerhard Treml, Leo Calice) auch den Preis der Erste Bank. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 7.11.2014)