Graz - Nach einem Schlaganfall ist vieles anders: Die unterbrochene Blutzufuhr zum Gehirn zieht Gewebeschäden und den Funktionsausfall gewisser Areale mit sich. Doch es kann lernen und ausgefallene Funktionen kompensieren. Was dabei geschieht, untersuchten Grazer Neuromediziner mittels moderner Bildgebung und konnten beobachten, wie Motoriktraining die Hirnfunktion insgesamt verbessert.
Schlaganfall - jährlich wird rund 25.000 Menschen in Österreich diese Diagnose gestellt. Gehstörungen aufgrund einer "Halbseitenschwäche" sind die für die Patienten häufigsten und belastendsten Folgen nach einem Schlaganfall. Zur Therapie werden neben konventionellen physiotherapeutischen Konzepten auch fortgeschrittene rehabilitative Strategien wie Training auf einem Laufband, bei dem das Körpergewicht fast bis zur Schwerelosigkeit aufgehoben wird. Eine weitere Möglichkeit sind Gangroboter. Diese sollen den Patienten dabei helfen, die eigene Motorik wieder zu erlernen. Allerdings gibt es eine große Bandbreite im individuellen Ansprechen - bei dem einen Patienten wirken die Therapien mehr, beim anderen kaum.
Bildgebende Verfahren
"Besonders der Einsatz bildgebender Verfahren wird es zukünftig ermöglichen, individuelle Trainingsprogramme zu konzipieren", betonte Christian Enzinger von der Uniklinik für Neurologie der MedizinischenUniversität Graz am Donnerstag. Die Medizinische Universität ist noch bis zum 8. November Gastgeberin der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurorehabilitation (OEGNR).
"Wir setzen moderne bildgebende Methoden wissenschaftlich ein, um bei Patienten nach Schlaganfall den Ort und die Schäden eines Schlaganfalls einzuschätzen", schilderte Enzinger. Mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) lassen sich Veränderungen im Aktivierungsmuster des Gehirns darstellen. Die Veränderungen der Aktivität nach individuellen Therapiemaßnahmen ließen sich durch Vergleich der Aktivitätsmuster der wiederholten fMRT-Bilder objektivieren.
Eine erste Grazer Studie mit Schlaganfallpatienten, welche nach abgeschlossener Rehabilitation noch immer Gehstörungen hatten, habe gezeigt, dass selbst ein älteres Gehirn durch intensives motorisches Üben in seiner Funktion verändert werden kann: Die Studienteilnehmer absolvierten fünf Wochen lang ein roboterunterstütztes Gehtraining, das auf die Verbesserung von Mobilität und Koordination abzielte.
Verbesserung der kognitiven Leistung
Dabei habe sich im Anschluss nicht nur eine Verbesserung der Mobilität, sondern auch der kognitiven Leistung und dem Gedächtnis gezeigt. Die Forscher konnten mittels der MRT entsprechende Veränderungen in den motorische Netzwerken feststellen. Eine weitere Studie soll die gemessenen Effekte weiter spezifizieren. Ziel sei es, künftig mittels MRT-Untersuchungen sehr individuelle Therapieprogramme zu erstellen. Auch zur Bestimmung des Zeitpunktes, wann bei einem Patienten das maximal Erreichbare tatsächlich erreicht wurde, soll die Bildgebung künftig eingesetzt werden. (APA, derStandard, 6.11.2014)