Leon Panetta kennt sich aus mit Realpolitik. Er war Budgetdirektor und Stabschef im Weißen Haus unter Bill Clinton, dann unter Barack Obama CIA-Chef und Verteidigungsminister.

In seinen kürzlich erschienenen Memoiren hatte er dies über Obama zu sagen: "Er zeigte eine frustrierende Zurückhaltung, sich auf Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern einzulassen und für seine Causen Unterstützung zu sammeln."

"Der Präsident verlässt sich oft auf die Logik eines Jus-Professors statt die Leidenschaft eines Leaders."

Zu Obamas Verhalten gegenüber den Republikanern, die ihn jede Minute auf jedem Meter blockieren und im Grunde versuchen, ihn als Präsidenten zu delegitimieren: "Er vermeidet den Kampf, beschwert sich und versäumt Gelegenheiten."

Das nennt man normalerweise in der Politik mangelnde Führungskraft - und das scheint es gewesen zu sein, was die Midterm-Elections, bei denen es eigentlich um den Kongress ging, jetzt zu einem Referendum über Obama gemacht haben.

Das US-System gestattet einem geschwächten Präsidenten trotzdem einiges an Handlungsfreiheit, vor allem in der Außen- und Militärpolitik. Auch hier ist Panetta skeptisch: Über dem Kampf gegen den "Islamischen Staat" schwebe jetzt bei den Verbündeten "ein kleines Fragezeichen: Werden die USA das durchhalten? Werden sie da sein, wenn wir sie brauchen?" (Hans Rauscher, DER STANDARD, 6.11.2014)