Bild nicht mehr verfügbar.

Sieht so eine Feministin aus? Das ist die falsche Frage, schreibt Margarete Stokowski ihrer Kolumne "Luft und Liebe".

Foto: REUTERS/Bernardo Montoya

Noch immer Belästigung auf der Straße: Das Video eines zehnstündigen Spaziergangs der Organisation "Hollaback" durch New York schlug Wellen. Es zeigt, wie eine Frau am laufenden Band von Fremden angesprochen und belästigt wird. Ein "sexy" hier, ein "willst du reden?" dort. Kritik gab es daran, dass in dem Video vor allem afro- und lateinamerikanische Männer als Belästiger vorkamen. Das Ziel des Videos, die unglaublich hohe Zahl an Belästigungen zu dokumentieren (über 100-mal), war vom Vorwurf des Rassismus überschattet.

Rob Bliss, deren Marketingfirma an der Produktion des Videos beteiligt war, erklärt das Fehlen der weißen Männer in dem Video mit "schlechter Bild- oder Tonqualität" an den Stellen, an denen Weiße die Spaziergängerin belästigten, wie die "taz" berichtete.

Die Schauspielerin Jessica Williams zeigte schon Anfang Oktober, dass sexuelle Belästigung auf der Straße nicht ein Phänomen einer bestimmten sozialen Schicht oder ethnischen Herkunft ist. In ihrem für die "Daily Show" produzierten Video kommen außerdem die Erfahrungen anderer Frauen zu Wort oder auch altbekannte Verharmlosungen ("sie meinen es doch nett") vor.

YouTube

Und im zweiten Teil des Videos gibt Williams auch ein paar praktische, wenn auch nicht ganz ungefährliche Tipps, was frau für einen ruhigeren Fußmarsch tun kann. Sehenswert!

YouTube

"Heute" will flirten: Noch immer, wie es auch in Williams' Video zu hören ist, wird Belästigung im öffentlichen Raum oft als "harmlose Flirterei" bezeichnet – ohne weiter bei den "Angeflirteten" nachzufragen. "Perfekt flirten in Öffis" nannte die Gratiszeitung "Heute" einen Artikel in der Ausgabe des 4. November, auf den der Österreichische Frauenring reagierte. Die Dachorganisation österreichischer Frauenvereine zeigte sich in einem LeserInnen-Brief, den der Verein auch veröffentlichte, über den Artikel erschüttert. "Bevorzugte Opfer: Touristen ('naiv, leichtgläubig und einfach gestrickt') und alleinerziehende Mütter ('übersehen und willig')", wird darin "Flirtexperte" Brian Robinson zitiert, über den "Heute" anerkennend schreibt, dass er "täglich Frauen in der U-Bahn anspricht".

Die Zeitung würde damit vermitteln, "es wäre in Ordnung, Frauen zu belästigen, Frauen als potenzielle Opfer zu sehen, die es mit Tricks zu überlisten gilt", schreibt der Frauenring. Männergruppen und Frauenorganisationen "zeigen seit Jahren die Übergriffe und Belästigungen auf, denen Frauen im öffentlichen Raum ausgesetzt sind", heißt es weiter. Derartige Artikel würden aber wiederum übergriffiges Verhalten verharmlosen. Der Frauenring forderte "Heute" in dem Brief auf, seine journalistische Verantwortung wahrzunehmen.

Emanze oder "Schlampe"? Diese Frage wirft die "Emma" in ihrer neuen Ausgabe auf. In einem Pro und Contra wird der Frage nachgegangen, was die "Ich bin Feministin"-Bekenntnisse von Superstars wie Beyoncé Knowles, Taylor Swift oder Miley Cyrus für den Feminismus bedeuten. Fortschritt und Rückschritt? "Emanzen oder Schlampen?", wie es das feministische Magazin formuliert. Für die Contra-Seite ist klar, dass Beyoncé wegen ihres Stangengetanzes und Körpereinsatzes ihr Feministinnen-Status aberkannt werden muss, für die Pro-Seite ist eindeutig, dass Prominenz der Sache nur dienen kann.

Eine "dumme Frage", heißt es in der Kolumne "Luft und Liebe" in der taz dazu: "Wäre die Emma auf dem neuesten Stand feministischer Diskussionen, wüsste sie, dass es Schlaueres gibt, als wenn weiße Frauen women of color sagen, wie sie mit ihren Körpern umzugehen haben." Dass die "Emma" zeitgleich mit dem Hashtag #EMMAistfürmich bei ihren LeserInnen nachfragt, was Frauensolidarität für sie bedeutet, findet die Autorin angesichts des "Emanzen oder Schlampen?"-Pro-und-Contras "ziemlich witzig".

Denn in einer Gesellschaft, in der Frauen noch um einiges mehr nach ihrem Äußeren bewertet werden als Männer, müsse Feminismus bedeuten, keiner Frau mehr vorzuschreiben, wie sie aussehen oder wie sie ihre Sexualität ausleben soll, heißt es in der Kolumne. (red, dieStandard.at, 7.11.2014)