Bild nicht mehr verfügbar.

Petro Poroschenko und Arsenij Jazenjuk (rechts) bei der Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am Dienstag in Kiew.

Foto: REUTERS/Valentyn Ogirenko

Kiew - Die ukrainische Regierung kappt die Sozialleistungen für die Menschen in den östlichen Rebellenhochburgen. "Wenn ein Teil der Regionen Donezk und Luhansk von Betrügern kontrolliert wird, wird die Regierung kein Geld mehr in dieses Gebiet schicken", sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Mittwoch in Kiew. Präsident Petro Poroschenko ordnete eine Truppenverstärkung für die umkämpften Gebiete an.

Jazenjuk sagte auf einer Kabinettssitzung, Gas und Strom würden wegen des nahenden Winters weiter geliefert, um eine "humanitäre Katastrophe" zu vermeiden. Sozialhilfe werde aber erst wieder an die Bewohner der Rebellengebiete überwiesen, wenn sich die Separatisten von dort zurückgezogen hätten und "wir die Kontrolle zurückerlangt haben". Derzeit weiter zu bezahlen "wäre eine direkte Finanzierung von Terrorismus", sagte der Regierungschef.

Die Aufständischen hatten am Sonntag in Donezk und Luhansk Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten. Russland stellte sich hinter die Separatistenführer, Kiew sowie die EU und die USA erkennen die Wahlen hingegen nicht an und sehen sie als Verletzung eines Abkommens, das im September in Minsk geschlossen worden war.

Rebellen versöhnlich

Nachdem Poroschenko gedroht hatte, ein Gesetz zu kassieren, das den Rebellen eine Teilautonomie zubilligt, schlugen diese am Mittwoch einen versöhnlichen Ton an. "Wir sind bereit, an einer neuen Version des Abkommens (von Minsk) zu arbeiten", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat unterdessen eine Fortdauer des "Bürgerkrieges" in dem Konfliktgebiet beklagt. "Ungeachtet der Minsker Vereinbarungen werden weiter friedliche Orte beschossen und sterben noch immer friedliche Bürger", sagte Putin am Mittwoch auf einer Sitzung der Kommission für militär-technische Zusammenarbeit. Der "Bürgerkrieg" direkt an den Grenzen Russlands setze sich fort, sagte Putin.

Am Dienstagabend hatte Präsident Poroschenko eine Truppenverstärkung angeordnet, um "eine mögliche Offensive in Richtung von Mariupol, Berdjansk, Charkiw und Luhansk" abwehren zu können. Kiew sei "verpflichtet, die Ausbreitung des Krebsgeschwürs zu verhindern", sagte er nach einem Treffen mit dem nationalen Sicherheitsrat. Einige neue Einheiten seien schon gebildet worden, und die Aufrüstung der Streitkräfte mit modernem Gerät schreite voran.

Kämpfe in Donezk

Die Gefechte gingen am Mittwoch weiter. Aus der Region um den Flughafen von Donezk war Artillerie- und Raketenfeuer zu hören. Nach Angaben der Stadtverwaltung kam ein Zivilist ums Leben, vier weitere wurden verletzt. Das Militär teilte mit, es seien zwei Soldaten getötet und vier verletzt worden, ohne einen Ort zu benennen. Ein Sprecher sagte zudem, weiterhin würden militärisches Gerät und Soldaten aus Russland in die Rebellengebiete gebracht.

Der neue EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte bei seiner Antrittspressekonferenz am Mittwoch, dass die Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise aufrecht bleiben würden. Er kündigte an, seine erste Reise außerhalb der EU werde ihn in die Ukraine führen. "Ich habe vor Wochen dem ukrainischen Präsidenten versprochen, dass ich meine erste bilaterale Reise außerhalb der Europäischen Union zu ihm machen werde", berichtete Juncker. Allerdings sei noch offen wann.

Amtseid

Russland hat die Wahlen in den Rebellenhochburgen Donezk und Luhansk bisher nicht förmlich anerkannt. Die Regierung hat jedoch angekündigt, dies tun zu wollen. In Donezk leistete am Dienstag der prorussische Rebellenkommandant Alexander Sachartschenko den Amtseid als Regierungschef der von den Separatisten ausgerufenen Volksrepublik Donezk. Er war von der örtlichen Wahlkommission mit rund 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt worden.

Kiew protestierte scharf gegen die Amtseinführung der zwei Separatistenführer als "Republikchefs". Die Ämter seien ebenso verfassungswidrig wie die Wahlen am Sonntag. Zudem warf Kiew Russland vor, den Friedensprozess zu sabotieren.

Diskussion über Sanktionen

In Deutschland werden nach den Wahlen neue Sanktionen erwogen. Der außenpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Christoph Heugsen, schlug am Mittwoch in Berlin vor, Spitzenbeamte der neu gewählten Führungen der Separatistengebiete um Donzek und Luhansk mit EU-Einreiseverboten zu belegen. Zuvor hatte die deutsche Bundeskanzlerin noch eine eine klare Festlegung vermieden.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon kritisierte die Abstimmungen als "unglücklich und kontraproduktiv". Der Westen und die Regierung in Kiew hatten bereits am Montag erklärt, die Wahlen nicht anzuerkennen. Sie sehen darin den Bruch des Minsker Abkommens. In der weißrussischen Hauptstadt hatten sich Vertreter der ukrainischen Regierung und der Rebellen auf eine Waffenruhe verständigt. Zu den Vereinbarungen zählt auch mehr Autonomie für die Ostukraine, aber auch die Wahrung der territorialen Einheit. Zudem sollten in den Rebellengebieten Kommunalwahlen abgehalten werden. Auch Russland hatte sich zu dem Friedensplan bekannt.

Mogherini warnt

Die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, durch die Abstimmung vom Sonntag bestehe die Gefahr, dass die Tür zum Dialog mit Russland geschlossen werde.

Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates der USA, Bernadette Meehan, drohte mit weiteren Maßnahmen, falls Russland zur Eskalation der Lage in der Ukraine beitragen würde. Die USA und die EU werfen Russland vor, die Rebellen zu unterstützen, und haben deswegen Strafmaßnahmen gegen die russische Wirtschaft beschlossen. (APA/Reuters, 4.11.2014)