"24 Stunden - Die Polizei im Einsatz in Graz"

Foto: Screenshot/atv.at

Trotz gefühlter 1000 Justiz- und Polizeiskandale in den vergangenen Jahren dürfen die Verantwortlichen im Innenministerium durchatmen. Denn solange ATV weiter fleißig seine Realitydoku 24 Stunden - die Polizei im Einsatz sendet, kann das Vertrauen in den Rechtsstaat in Österreich gar nicht allzu tief erschüttert werden. Die Serie ist bereits in der neunten Staffel. Schauplatz ist diesmal Graz.

Nun hat entweder die PR-Abteilung der Exekutive beim Casting sehr effektiv gearbeitet, oder aber in dem Grazer Kommissariat Karlauerstraße sitzen tatsächlich nur Sympathieträger. Jedenfalls agieren die Polizisten im Einsatz meist geduldig, ja oft empathisch mit einer philosophischen Ader.

Das zeigt sich etwa, als zwei Inspektoren gerufen werden, weil ein Mann in einer manischen Phase lautstark in einem Wohnhaus nach einer (nicht existenten) ägyptischen Schnapsbrennerei sucht. Inspektor Patrick begleitet ihn, hört zu. Ehe er ihm empfiehlt, die Sache ein andermal fortzusetzen. Kommentar des konstruktivistischen Inspektors: Der Mann hat seine Wahrheit, und ihn von unserer zu überzeugen ist nicht einfach, also sinnlos.

Originell sind aber vor allem die Interaktionen zwischen Beamten und den vermeintlichen Kriminellen, die sich meistens nur als verlorene Menschen entpuppen. Dialog in einem Wohnaus, wo ein Störenfried auf dem Gang herumbrüllt: Polizistin: "Warum gehen Sie nicht heim?" Störenfried: "Ja, warum gehen Sie nicht heim?"

Irritierend sind dagegen die effekthascherischen Fragen des Reporters (" Und was sieht man da alles?") sowie die absurd-dramatische Musik wie aus einem Action-Blockbuster. Graz ist bekanntlich nicht Chicago - und das ist ganz gut so. (András Szigetvari, DER STANDARD, 5.11.2014)