In ihren breit angelegten Vergleichsanalysen untersucht die EU-Kommission nicht nur Mitglieder. Auch Beitrittswerber werden beurteilt, auf die USA, Japan und China wird verwiesen. Aus Sicht jedes EU-Landes findet sich daher stets Tröstliches in den Frühjahrs- und Herbstprognosen: Irgendjemand von drei Dutzend Staaten ist bei einem wichtigen Wirtschaftsindikator stets schlechter als man selber. Insofern könnte sich die Regierung in Wien wieder zufrieden zurücklehnen, die Lage relativieren.

Die Wachstumsaussichten haben sich 2014 für Österreich sehr deutlich verschlechtert? Kein Problem, schaut doch auf den Europartner Frankreich, dort ist die Lage noch viel mieser! Da wächst fast nichts, nur die Schulden.

Die Staatsschuld ist etwas explosiv gewachsen? Aber bitte, kein Vergleich mit Italien, Griechenland oder Belgien!

Die Arbeitslosigkeit steigt hierzulande stark an? Schaut doch nach Spanien. Die möchten unsere Probleme haben!

Nichts wäre falscher als diese gern gepflegte Methode selbstgerechter Regierungsschönrednerei. Die Herbstprognose ist ein Warnschuss für Österreich, das dabei ist, eine an sich gute Ausgangsposition schleichend zu verspielen.

Das Land fällt in fast allen Bereichen gleichmäßig zurück, es gibt von allem zu wenig: zu wenig Entlastung, zu wenig Konsum, zu wenig Investitionen, zu wenig Strukturreformen, zu wenig Dynamik, zu wenig Vertrauen, zu wenig Ideen. Es gibt zu viel rot-schwarzen Stillstand. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 5.11.2014)