Dass im Umgang Europas mit Flüchtlingen einiges schiefläuft, hat sich unter menschenrechtlich gesinnten Europäern inzwischen herumgesprochen. Nun aber strebt die EU, und damit als deren Bürger wir alle, einem neuen Tiefpunkt der Asyl-Blockadepolitik mit einer unabwägbaren Zahl neuer humanitärer Opfer zu.

Tatsächlich scheint mit dem Ende der italienischen Rettungsaktion Mare Nostrum und dem Beginn der EU-Grenzschutzmission Triton stillschweigend in Kauf genommen zu werden, dass wieder weit mehr Bootsflüchtlinge ums Leben kommen könnten, als es dank Mare Nostrum im vergangenen Jahr waren. Auch wenn es hier vielleicht doch noch politische Bewegung geben wird: Man kann das nicht anders als ungeheuerlich bezeichnen.

Doch statt das auch so zu benennen und für Abhilfe durch eine EU-weit akkordierte und finanzierte Flüchtlingsrettungsaktion zu sorgen, ducken sich die politisch Verantwortlichen in den nationalen Regierungen großteils weg. Sie fürchten den Groll jener Teile ihrer Wähler, die Flüchtlinge ablehnen - mehr als den vermeidbaren Tod von Menschen, die auf der Flucht vor Kriegen oder auf der Suche nach einem besseren Leben nach Europa streben.

Das ist nun bereits seit Jahren so und charakterisiert die asylpolitische Katastrophe Europas. Lösung ist keine in Sicht. Doch ohne grundlegendes Umdenken wird es die auch nicht geben. (Irene Brickner, DER STANDARD, 3.11.2014)