Laut Marktgesetz darf nur ein Drittel der verbauten Fläche auf dem Naschmarkt für Gastronomie reserviert sein. Subjektiv gesehen - und mit all den Schanigärten - ist die Gastronomie aber auf dem Vormarsch. Trotz Rekordbesucherzahlen beklagen Markthändler hohe Umsatzeinbußen.

Foto: Christian Fischer

Wien - Die Familie Kuczera, die auf dem Wiener Naschmarkt seit 1974 einen Gemüsestand betreibt, musste in den vergangenen Jahren einen Umsatzrückgang um die Hälfte verkraften. Mit diesen Problemen sind die Kuczeras nicht alleine: Viele Standler überleben nur, weil sie ihre Nebenrechte - Standler dürfen auf bis zu acht Sitzplätzen ausschenken und Essen verabreichen - ausnutzen. Dafür boomen die zahlreichen Lokale auf dem Markt, die mit Touristen und Wienern ihr Geschäft machen. DER STANDARD berichtete.

Die Grünen in Mariahilf machten die Entwicklung des Naschmarktes weg vom Nahversorger hin zu einer Fressmeile zum Thema einer Sondersitzung der Bezirksvertretung, die am Freitag stattfand. Seither sind die Fronten zwischen SP und Grünen im Bezirk verhärtet. Grund ist ein Antrag der SP: Die Roten wollen den Naschmarkt weiter vom Markt regulieren lassen, da der Wandel "mit dirigistischen Maßnahmen à la longue wenig beeinflusst werden" könne.

Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SP) möchte aber westlich des Flohmarktparkplatzes eine eigene Markthalle mit einer schwerpunktmäßigen Ausrichtung des Angebots auf regionale Lebensmittel aus ökologischer Produktion errichten.

"Völlig verfehlte Vorgangsweise"

Für Susanne Jerusalem, die grüne Bezirksvorsteher-Stellvertreterin, ist das eine "völlig verfehlte Vorgangsweise. Der historische Naschmarkt wäre mit dieser Entscheidung tot", sagte Jerusalem dem STANDARD. Das Problem mit enorm hohen Ablösen für Stände auf dem Naschmarkt, die sich Händler und Gastronomen völlig intransparent und von der Stadt geduldet untereinander ausmachen können, sei damit nicht gelöst.

Laut SP-Antrag soll auf Höhe des Café Rüdigerhof - also dort, wo der Wienfluss zwischen linker und rechter Wienzeile sichtbar wird - die Überplattung des Flusses samt U-Bahn-Trasse geprüft werden. Die Markthalle soll dort errichtet werden. Eine Konkurrenz für die Naschmarkthändler dürfe die Halle nicht darstellen.

Grüne gegen hohe Ablösen

Bei der erst im September bekannt gewordenen Entscheidung, die Markthalle in Wien-Landstraße nicht wiederzueröffnen, habe sich schon gezeigt, dass Markthallen in Wien keine prosperierende Zukunft haben, sagte Jerusalem. Stattdessen sollte die Marktordnung überarbeitet werden, um hohe Ablösesummen auf dem Naschmarkt einzudämmen und Angebotsvielfalt zu ermöglichen.

Eine Resolution der SP, die Standler über ihre Meinung zu befragen, wurde von den Grünen und der Opposition abgelehnt. Einer Befragung mit Standlern, Anrainern und Kunden würde man aber zustimmen. (David Krutzler, DER STANDARD, 3.11.2014)