Wien - "Zornig, zornig, was heißt zornig? Ich war ja nicht der Einzige, der überrascht gewesen ist." Auch am Tag danach war Hans Pum, dem Sportdirektor des österreichischen Skiverbands (ÖSV), der Unmut über den Ausgang der Wahl zum Sportler des Jahres 2014 anzumerken. "Ein Jahr, in dem wir so erfolgreich gewesen sind. Ein Jahr, das zwei Olympiasieger, einen Gesamtweltcupsieger und einen Vierschanzentourneesieger hervorgebracht hat."

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Hätte eher den Geschmack des ÖSV getroffen: Marcel Hirscher, bei der Gala mit Freundin Laura Moisl. Der Sportler selbst nahm seinen zweiten Platz "easy".
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Und doch ist es David Alaba, ein Fußballer, der von ungefähr 500 heimischen Sportjournalisten zum zweiten Mal en suite zum Jahressportler gewählt wurde – nach einem Jahr, das ihm, Alaba, zwar das deutsche Double, aber doch einen (Champions-League-) Titel weniger als 2013 beschert hatte. So gesehen war die Aufregung im ÖSV-Lager bei der Galanacht des Sports im Austria Center Vienna vielleicht verständlich, überzogen schien sie allemal. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel war, wie selbst ÖSV-Vertreter bestätigten, "wirklich wütend", und Pum bestätigte dem STANDARD: "Unsere Erfolge sind nicht so honoriert worden, wie wir uns das erwartet haben."

Fenningers Wahl ein schwacher Trost

Er sei, sagt der ÖSV-Sportdirektor, "ein ausgesprochener Fußballfan", und ihm würde "der Alaba taugen". Bei der Gala saß Pum neben einem anderen Oberösterreicher, neben ÖFB-Präsidenten Leo Windtner. Man sei gut befreundet. "Aber mit dem Alaba hat auch der Leo nicht gerechnet." Der zweitplatzierte ÖSV-Profi Marcel Hirscher selbst nahm es gelassen: "Ich sehe das easy und gratuliere David".

Anna Fenningers überlegener Sieg, wie bei Alaba der zweite en suite, ist für den Skiverband, wie es den Anschein hat, ein relativ schwacher Trost. Mag sein, das lässt sich auch auf eine gewisse Erfolgsverwöhntheit zurückzuführen. Der ÖSV trug in der seit 1949 durchgeführten Wahl bei den Männern nicht weniger als 35 Erfolge davon, 25 durch Alpine, zehn durch Skispringer. Wohingegen Alaba erst für den sechsten Sieg eines Fußballers sorgte – nach Walter Zeman (1950), Ernst Ocwirk (1951), Gerhard Hanappi (1955), Anton Polster (1997) und sich selbst (2013).

Auch Alabas Abwesenheit bei der Gala ist beim Skiverband nicht gut angekommen, der Bayern-Verteidiger wurde wie im Vorjahr aus München eingespielt. Pum: "Wenn man so eine Wahl veranstaltet, muss man das organisieren, dass der Sieger da ist. Das wollen nicht zuletzt die Sponsoren. München ist im Endeffekt nicht weit weg, die Skisportler haben eine längere Anreise. Wenn man das gut organisiert, kann Alaba gleich nach der Gala wieder zurückfliegen, da ist er garantiert vor Mitternacht im Bett."

Vorschlag einer Stichwahl

Allerdings könnte auch der Fall eintreten, dass sich der ÖSV künftig an Alaba orientiert. Pum bestätigte, was er noch in der Nacht im Austria Center kundgetan hatte. Ob und wie der ÖSV künftig bei der Galanacht des Sports vertreten sei, müsse man sich "wirklich überlegen. Schließlich verlieren die Skisportler wichtige Trainingstage. Und die Gala findet zu einer Zeit statt, in der es auf jeden Trainingstag ankommt." Jedenfalls wird der ÖSV laut Pum "keine Sportlerin und keinen Sportler mehr zur Anwesenheit bei der Gala verpflichten".

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Der per Video eingespielte Alaba. "Glückwunsch auch an Marcel Hirscher, Mario Matt, Matthias Mayer & Thomas Diethardt. Für euch wäre es auch verdient gewesen!", sagt der Bayern-Spieler via Facebook.
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Im Raum steht der Vorschlag, ähnlich wie bei Wahlen in der Politik künftig eine Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten abzuhalten. Auch dieser Vorschlag kommt aus den Reihen des ÖSV, wenn auch nicht von Pum. Doch viele gehen davon aus, dass Hirscher in einer Stichwahl gegen Alaba die Oberhand behalten hätte.

"Wir haben lieber viele Gute"

Klar ist schließlich, dass sich der nur um einen Punkt distanzierte Marcel Hirscher, Mario Matt und Matthias Mayer, die hinter Alaba ankamen, gegenseitig Stimmen weggenommen hatten. So gesehen haben sich die Skifahrer quasi auch selbst geschlagen, sie waren zu breit aufgestellt. Übersetzt heißt das: Wäre Mayer nicht Abfahrts-Olympiasieger geworden, so wäre Hirscher jetzt Sportler des Jahres. Oder: Hätte Hirscher nicht den Weltcup geholt, so wäre Matt jetzt Sportler des Jahres. Oder, oder, oder. Bei solchen Überlegungen will ÖSV-Sportdirektor Pum dann aber doch nicht mitmachen. "Mir ist es lieber so als anders. Wir haben lieber viele Gute." (Fritz Neumann, derStandard.at, 31.10.2014)