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Die Grenzsicherungseinsätze in Melilla seien nicht menschenrechtskonform kritisiert EU-Innenkommissarin Malmström.

Foto: EPA/F.G. GUERRERO

Rom/Madrid - Kritik an den Grenzsicherungsmethoden Spaniens in der Nordafrikaexklave Melilla übte am Freitag die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. In einem Schreiben übermittelte Malmström Spaniens Innenminister Jorge Fernandez Diaz ihre tiefe Besorgnis über die Maßnahmen, "die klar EU-Recht missachten".

Die Kontrollen der EU-Außengrenzen müssen unbedingt mit dem Respekt vor Grundrechten und Menschenwürde vereinbar sein, schrieb Malmström Ende Oktober in einem Brief an Fernandez Diaz, welcher der spanischen Zeitung "El Pais" vorliegt. Malmström verurteilte scharf die "Misshandlung" von afrikanischen Immigranten, die seit Monaten zu Tausenden versuchen, von Marokko über den Grenzzaun nach Melilla und damit auf europäischen Boden zu gelangen.

Die EU-Innenkommissarin nahm speziell Bezug auf ein von einer Menschenrechts-NGO am 15. Oktober gedrehtes Video, das zeigt, wie ein spanischer Grenzpolizist der Guardia Civil mit einem Knüppel auf einen Immigranten auf dem Zaun einschlägt, bis dieser bewusstlos mehrere Meter auf der spanischen Seite hinunterfällt und heimlich von den Polizisten zurück auf die marokkanische Seite gebracht wird. "Ich bin besorgt über dieses Video und bedauere zutiefst diesen schockierenden Vorfall an unseren Grenzen", so die europäische Innenkommissarin.

"Brutale" Einsätze in Ceuta

Bereits im vergangenen Februar kritisierte Malström die spanischen Grenzsicherungsmethoden an den Außengrenzen in Ceuta, der zweiten spanischen Exklave in Nordafrika, als "brutal" und "illegal". Die spanische Küstenwache hatte damals mit Gummigeschoßen auf Schwimmringe geschossen, welche illegale Einwanderer benutzten, um von der marokkanischen Seite nach Ceuta zu schwimmen. Die Geschosse zerstörten mehrere Schwimmringe und lösten Panik unter den aus Schwarzafrika stammenden Immigranten aus. 15 Einwanderer kamen dabei ums Leben.

Wie "El Pais" am Freitag berichtet, missfiel der spanischen Regierung der für diplomatische Verhältnisse ungewöhnlich scharfe Ton des Schreibens. Bereits im Februar wies Spanien die Kritik aus Brüssel zurück und forderte die EU auf, die europäischen Mittelmeerstaaten bei der Sicherung der EU-Außengrenzen zu unterstützen.

"Triton" startet

Eine Gruppe von Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und "Ärzte ohne Grenzen", hat indes einen Appell an die italienische Regierung für die Fortsetzung des Rettungsprogramms für Flüchtlinge im Mittelmeer, "Mare Nostrum" (Unser Meer), gerichtet. Der Einsatz wird nach den Worten von Innenminister Angelino Alfano bald auslaufen.

Mit der Operation "Triton" unter dem Dach der europäischen Grenzschutzagentur Frontex will die EU Italien stattdessen bei der Sicherung der Seegrenzen und der Rettung von Bootsflüchtlingen unterstützen.

Zuvor hatte es in Brüssel geheißen, dass das Programm "Triton" allerdings nicht den Einsatz "Mare Nostrum" ersetze. Italien müsse selbst entscheiden, ob der "Mare Nostrum"-Einsatz eingestellt werden soll oder nicht, betonte am Freitag Michele Cercone, Malmströms Sprecher. "Triton" ändere nichts an der Pflicht der italienischen Behörden, sich für Flüchtlinge einzusetzen, sondern sei lediglich als Weg gedacht, um Italiens Einsatz im Mittelmeer zu unterstützen.

"Italien muss selbst entscheiden"

Alfano zog bei einer Pressekonferenz in Rom eine positive Bilanz über "Mare Nostrum", in dessen Rahmen 120.000 Migranten gerettet wurden. 728 mutmaßliche Schlepper wurden in einem Jahr festgenommen. "Wir haben leider nicht alle Migranten retten können, die wir retten wollten", sagte Alfano.

"Mare Nostrum ist eine italienische Operation, über die die italienische Regierung selbst entscheiden muss. Es handelt sich um einen exzellenten Einsatz, dank dem viele Menschenleben gerettet werden konnten", berichtete Cercone nach Angaben italienischer Medien.

Hilfsorganisationen befürchten wieder mehr Tote

Die Hilfsorganisationen befürchten, dass wegen des beschränkteren Einsatzes die Zahl der im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge wieder steigen könnte. Auch der Umstand, dass eine zum Schutz der Grenzen gegründete Organisation nun Menschenleben retten soll, stößt auf Kritik.

"Die tragischen Schiffsbrüche, die seit Jahresbeginn mehr als 3.000 Todesopfer verursacht haben, bezeugen, dass die Rettungsaktionen fortgesetzt und auf den ganzen Mittelmeerraum ausgedehnt werden müssen", so die Hilfsorganisationen an die Regierung in Rom.

"Da es heute keine sicheren Alternativen gibt, um internationalen Schutz in Europa zu suchen, sind Meeresüberquerungen für tausende Menschen die einzige Option", hieß es in dem Appell. Mit dem Beginn der Operation "Triton" bestehe konkrete Gefahr, dass die Zahl der Todesopfer im Mittelmeer stark zunehmen werde. "Die Regierung kann ihre humanitäre Verantwortung zur Rettung von Menschenleben im Mittelmeer nicht ignorieren", hieß es in dem Schreiben. (APA/red, derStandard.at, 31.10.2014)