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Die US-Wirtschaft muss sich darauf einstellen, künftig ohne helfende Hände auszukommen. Im Bild: ein Baby bei der "Windel-Derby", einem Event zur Einstimmung auf den New York City Triathlon.

Foto: reuters/allegri

New York / Wien - Das größte Experiment in der Geschichte der Geldpolitik ist vorbei. Die US-Notenbank Fed hat am Mittwochabend bekannt gegeben, keine weiteren Wertpapiere mehr aufkaufen zu wollen. Seit Beginn der Krise hat sie ihre Bilanz auf über vier Billionen Dollar aufgebläht, um die Konjunktur anzukurbeln. Eine Diät ist nicht in Sicht, der Speck soll erst mal dran bleiben.

Während die einen die Fed als den Retter der Nation sehen, meinen die anderen, sie habe alles nur noch schlimmer gemacht. Die Forschung zum Thema ist noch dürr. Die meisten Ökonomen sind sich aber einig, dass die Fed durch ihr aggressives Vorgehen eine tiefere Krise verhindert hat. Wie groß ihr Anteil an der jetzt erstarkten US-Konjunktur ist, lässt sich nicht beziffern. Er ist aber sicher nicht unerheblich.

Scheine drucken

Anhand der Erfahrungen einer Babysitting-Gemeinschaft in den USA lässt sich das Wirken der Notenbank veranschaulichen. Darin schließen sich Eltern zusammen, die abwechselnd auf ihre Kinder aufpassen. Für jedes Mal Babysitten erhält ein Paar einen Schein. Wer ausgeht und seine Kinder bei anderen Eltern abgibt, den kostet das einen Schein. Wenn es aber kalt wird und die Eltern lieber zu Hause bleiben als ausgehen, dann gibt es ein Problem: Wenn keiner Scheine ausgibt, nimmt auch niemand Scheine ein. Schlussendlich will im Bewusststein, wie schwer es ist, an Scheine zu kommen, niemand mehr ausgehen.

Der Kreislauf der Gemeinschaft bricht zusammen, eine Art Rezession bricht aus. Die Lösung war es damals, einfach mehr Scheine zu drucken. Jeder bekam zusätzlich zehn Stück ausgehändigt. Die Balance wurde wieder hergestellt, das Rad kam ins Laufen. Genau das versuchte auch die Fed in den vergangenen Jahren.

Staat kürzt Ausgaben

Die US-Zentralbank war umso mehr gefordert, weil der Staat seit 2011 seine Ausgaben zurückfährt. Die US-Konjunktur kostete das jährlich etwa einen Prozentpunkt an Wirtschaftswachstum, wie der "Fiscal Monitor" der Denkfabrik Brookings Institution zeigt.

Teil des Fed-Plans war es auch, die Aktienmärkte anzukurbeln. Der S&P 500 hat sich seit der Krise mehr als verdoppelt, das schürt die Angst vor einer Blase. Die US-Wirtschaft ist im dritten Quartal aber um 3,5 Prozent gewachsen. Ein Wert von dem Europa nur träumen kann. "Wenn es die Blase gäbe, würden die Märkte nach dem Ende des Fed-Programms kollabieren. Das tun sie aber nicht", sagt der Leiter der Denkfabrik Bruegel, Guntram Wolff.

Hohe Schulden

Was der Fed auch vorgeworfen wird: Durch ihre Politik des billigen Geldes erhöhe sie die Anreize, sich zu verschulden. Die hohen Schulden der US-Amerikaner haben das Land immerhin mit in die Krise geführt. Ein Blick auf die Daten zeigt jedoch das Gegenteil: Die Haushaltsverschuldung ist stark rückläufig. In Europa, wo die EZB viel zurückhaltender ist, geht es viel langsamer voran. Die stark laufende US-Konjunktur verschafft Menschen Jobs und damit Geld, mit dem sie Kredite zurückbezahlen können.

Die scharfe Kritik liegt daran, dass die Fed der Sündenbock für vieles ist, das schiefläuft. Eine Notenbank kann aber nicht auf eigene Faust die Probleme des gesamten US-Finanzsektors lösen. Ihre Aufgabe ist es, für stabile Preise und niedrige Arbeitslosigkeit zu sorgen. Das macht sie. Wer ihr das verwehrt, schüttet das Kind mit dem Bade aus. (Andreas Sator, DER STANDARD, 31.10.2014)