Schon im Herbst 1914 wurde aus dem pannonischen Boden gestampft. Das Frauenkirchner Lager war eines der ersten der Monarchie.

Foto: Brettl/Österreichisches Staatsarchiv-Kriegsarchiv

Der "Serbenfriedhof" in den 1940er-Jahren, im Hintergrund die "italienische Kapelle"

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Frauenkrichen/Boldogassony – Im burgenländischen Seewinkel wird in diesem Jahr zu Allerheiligen nicht bloß bei den Kriegerdenkmälern der sogenannten eigenen Helden gedacht. In Frauenkirchen, das die Ungarn seit jeher Boldogassony genannt haben, versammeln sich Vertreter der katholischen, der evangelischen und der serbisch-orthodoxen Kirche zu einem ökumenischen Festakt im Gedenken an die Toten aus jenem Kriegsgefangenenlager, das in aller Eile schon im September 1914 aus dem transleithanischen, also ungarischen Steppenboden gestampft worden ist.

Am westlichen Ortsrand entstand eines der ältesten Gefangenenlager der Monarchie. Geblieben ist davon nur der Friedhof, den der Volksmund "Serbenfriedhof" nennt, obwohl sein markantestes Stück die "Italienerkapelle" ist und das Lager als "Russenlager" hingestellt worden ist.

Penibler Lokalhistoriker

Dass der dem Lager angeschlossene – und phasenweise hochfrequent genutzte – Friedhof rechtzeitig zum Weltkriegsgedenken in allgemeine Bewusstsein zurückgeholt wurde, verdankt sich dem unermüdlichen Historiker Herbert Brettl, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, dem Seewinkel nicht nur die netten G'schicht'ln aus seiner Vergangenheit zu erzählen. So etwa berichtete er schon penibel übers Leben und Sterben der Frauenkirchner Judengemeinde, eine der sieben in der Esterházy-Herrschaft.

Nun hat er sich des Kriegsgefangenenlagers angenommen, das im Jänner 1915 schon 13.000 Menschen beherbergen musste, ab 1916 bereits um die 30.000. Niemand, am wenigsten die kaiserliche Armeeführung hatte damit gerechnet, so viele so lange beherbergen, verpflegen und schließlich auch begraben zu müssen. Nicht nur gefangene Kombattanten waren das, sondern auch "suspekte Zivilsubjekte".

Jugoslawisches Denkmal

Die Mehrheit kam vom Balkan. Daran erinnert nicht nur das "Serbenkreuz", sondern auch das "jugoslawische Denkmal", das im Dezember 1954 errichtet wurde. Unter der Patronanz von Staatschef Marschall Tito, der einst als k. u. k. Artiellerie-Unteroffizier in russische Gefangenschaft geraten und aus der er als Kommunist zurückgekehrt war. Das üppig mit alten Aufnahmen illustrierte, im Eigenverlag erschienene Buch von Herbert Brettl wird zu Allerseelen im Frauenkirchner Rathaus vorgestellt. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 31.10.2014)