Sambias Übergangspräsident Guy Scott (70) ist kein Mann subtiler Worte. Der in Cambridge ausgebildete Ökonom, der erste demokratisch gewählte Staatschef weißer Hautfarbe in Afrika, pflegt ähnlich wie sein jüngst verstorbener Amtsvorgänger Michael Sata einen eher rustikalen Duktus.

"Südafrikaner sind zurückgeblieben", konstatierte er einmal; seine Schule in Südrhodesien, dem heutigen Simbabwe, habe der Hitlerjugend geglichen; der dortige Machthaber Robert Mugabe, international wegen Menschenrechtsverstößen geächtet, sei ein "lustiger Kerl", den jeder aufrechte afrikanische Nationalist verehren müsse. Und als Vertreter des kupferreichen Sambia, wo mehr als 80 afrikanische Volks- und dutzende Sprachgruppen in einer fragilen Balance miteinander leben, sei er als Weißer "doch nur eine Art Maskottchen".

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Scott nahm schon als Vizepräsident zeremonielle Aufgaben wahr, etwa die Vertretung seines Landes bei Gipfeltreffen.
Foto: REUTERS/Larry Downing/Files

Britische Eltern

Geboren 1944 in Livingstone nahe den berühmten Victoria-Wasserfällen, gehört Scott der heute noch etwa 40.000 Personen zählenden weißen Minderheit im 14-Millionen-Einwohner-Staat Sambia an. Sein Vater, ein Schotte, war kurz vor seiner Geburt gemeinsam mit seiner Mutter, einer Engländerin, der Arbeit wegen in die damalige britische Kolonie Nordrhodesien emigriert. Nach dem Tod Präsident Satas rückt der Filius verfassungsgemäß nach und übernimmt interimistisch das Amt des Präsidenten des südafrikanischen Landes.

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Scott bei seiner Angelobung als Präsident Sambias.
Foto: AP

Neu auf der politischen Bühne Sambias ist Scott aber nicht. Schon 1991 wurde er als Abgeordneter der Hauptstadt Lusaka ins Parlament gewählt. Erstmals von sich reden machte er ein Jahr später, als er als Landwirtschaftsminister wirksam gegen die Dürrekatastrophe in seinem Land vorging. 2001 trat er Satas neu gegründeter Patriotischen Front bei, die Beobachterstatus in der Sozialistischen Internationale hat.

2011 wurde Scott, der mit einer Engländerin verheiratet ist, zum Vizepräsidenten Sambias gewählt, das stark von der Ausbreitung der Immunschwächekrankheit AIDS betroffen ist und unter anderem wegen der Verfolgung von Homosexuellen regelmäßig in der Kritik von Menschenrechtsorganisationen steht. Vom Londoner "Guardian" darauf angesprochen meinte Scott im vergangenen Jahr, selbst Homosexuelle betrachteten Schwulenrechte nicht als dringlichstes Problem des Landes.

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Scott und seine Frau Charlotte Harland Scott auf einem Archivbild vom Sommer.
Foto: AP Photo/Susan Walsh, File

90 Tage bis zur Wahl

Dass seine Präsidentschaft mehr als nur eine Fußnote in der Geschichte Sambias wird, ist aber unwahrscheinlich. Weil seine Eltern keine gebürtigen Sambier waren, ist Scott den Weg zur längerfristigen Macht in dem südafrikanischen Staat verbaut. Per Gesetz dürfen nur jene Staatsbürger zur Präsidentschaftswahl antreten, deren Eltern schon im Land geboren wurden.

Binnen 90 Tagen muss nun ein Nachfolger des verstorbenen Präsidenten gewählt werden, ob "Caretaker" Scott nicht vielleicht doch zur Wahl antreten kann, dürfte in den kommenden Wochen die Gerichte beschäftigen.

An Selbstbewusstsein mangelt es Scott jedenfalls nicht. Als der wegen seiner direkten Art "King Kobra" genannte Sata ihn einst fragte, welchen Beruf er wohl ausüben würde, wäre er nicht weiß, lautete Scotts Antwort: "Präsident". (flon, derStandard.at, 30.10.2014)