Unrechtsbewusstsein: null. Selbsterkenntnis: null. Selbstüberschätzung: hundert. Dies spricht aus jeder Äußerung des lustigsten Häftlings der Republik. Hannes Kartnig, Unternehmer, früher Präsident des Fußballvereins Sturm Graz, in diesem Zusammenhang wegen schweren Betrugs, Steuerhinterziehung und schwerer Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt.

Kartnig, eine bis zur Sättigung medienpräsente Figur (Kennzeichen: dicke Zigarre), nimmt das alles nicht so ernst. Es wurde ihm zunächst die Gnade der Fußfessel zuteil, und das nutzte der lebensfrohe Delinquent, um einmal eine Opernpremiere in Graz zu besuchen (wegen der "Aufrechterhaltung sozialer Kontakte"); dann wieder um "geschäftliche Kontakte" wahrzunehmen (laut dem offenbar rührend milden Leiter des Strafvollzugs, der das genehmigte). Also, warum nicht in einem Wiener Luxushotel tafeln? "Ich war mit meiner Frau essen", fragt Kartnig, "soll ich verhungern?" Das alles klingt wie eine Inhaltsangabe der Fledermaus. Ist aber gar nicht lustig, überhaupt nicht.

Der Fußball zieht offenbar manchmal Leute mit flexibler Geschäftsethik und übergroßem Selbstdarstellungsbedürfnis an (siehe Haiders Bestechungsgeld beim Hypo-Verkauf für das Klagenfurter Stadion). Aber, was zu viel ist, ist zu viel. Kartnig hat das Fußfesselprivileg verloren und muss in den Häfn. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 30.10.2014)