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Bei der Geburtstagsfeier von "Heute" zu Gast, bei den Österreichischen Medientagen abwesend: Josef Ostermayer, in der Regierung für Medien verantwortlich.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Große Unzufriedenheit herrscht in der österreichischen Medienbranche über die Medienpolitik der Bundesregierung. Medienvertreter üben in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Der Österreichische Journalist" heftige Kritik an den Kürzungen der Presseförderung, den millionenschweren Zuwendungen für Boulevardmedien und dem mangelnden Reformwillen des Regierungslagers in Sachen Medien.

"Die Medienpolitik ist schlicht und ergreifend nicht mehr vorhanden, die Regierung hat sie ersatzlos von der Agenda gestrichen", meint etwa Andreas Koller, neuer Präsident des Presseclubs Concordia und stellvertretender Chefredakteur der "Salzburger Nachrichten". "Das ist in einer Zeit, in der die Medienbranche den größten Umbruch seit Jahrzehnten erlebt, ein erschütternder Befund. Die Reform der Presseförderung und ein modernes Leistungsschutzrecht versanden im Nirgendwo, stattdessen gab es den plumpen Versuch, investigative Journalisten zu kriminalisieren. Dahinter steht offenbar die Absicht der Regierung, dem kritischen Qualitätsjournalismus die Lebensgrundlagen zu entziehen und an seiner Stelle willfährigen Hofnarrenjournalismus zu etablieren, der mit öffentlichen Geldern großzügig belohnt wird", so Koller.

Aufmarsch bei "Heute"-Feier, Lücke bei Medientagen

Ähnlich STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid: "Der bemühte Neustart der Regierung gilt offensichtlich nicht für die Medienpolitik. Zwar marschieren gleich sieben Minister auf, wenn es das erste Jahrzehnt von 'Heute' zu feiern gilt, einen Auftritt bei den Medientagen stornierte der dafür verantwortliche Minister Josef Ostermayer aber kurzfristig", kritisiert Föderl-Schmid im "Journalist".

Für Verärgerung sorgt nach wie vor der Umstand, dass die Presseförderung weiter gekürzt wurde, während Regierung, Gebietskörperschaften und staatsnahe Betriebe Millionen über Inserate verteilen. "Zwar steht nun schwarz auf weiß fest, was ohnehin alle wussten: dass die meisten der auf rund hundert Millionen taxierten Politinserate in Boulevardmedien fließen. Der von Qualitätszeitungen erwartete Schameffekt über die Verteilung blieb aber aus", so die -STANDARD-Chefredakteurin. "Die Presseförderung hat auch zum Ziel, Titelvielfalt in Österreich zu erhalten. Dass heuer mit der 'Kärntner Tageszeitung' und der 'Salzburger Volkszeitung' zwei Kaufzeitungen eingestellt wurden, hat die Politik nicht aufgeschreckt. Vielleicht ist genau das das Konzept dieser Regierung, den Boulevard zu füttern und darauf zu setzen, dass kritische Medien in wirtschaftlich schwierigen Zeiten unter Druck geraten", vermutet Föderl-Schmid.

Diskurs werde verunmöglicht

"Zwei von drei Boulevard- und Gratiszeitungen würde es ohne diese öffentlichen Zuwendungen wahrscheinlich gar nicht geben", ist sich auch Gerald Mandlbauer, Chefredakteur der "Oberösterreichischen Nachrichten", sicher. "Damit ist über die Wirkung dieser Zahlen schon das meiste gesagt." Concordia-Präsident Koller weist im "Journalist" darauf hin, dass die Regierung dabei als "Kollateralschaden" in Kauf nehme, dass der demokratische Diskurs verunmöglicht werde. "Denn der wird sich in den Spalten und Kästchen von 'Heute' und 'Österreich' nicht führen lassen."

Enttäuscht aber weiter zuversichtlich zeigt sich Thomas Kralinger, Präsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und Geschäftsführer des "Kurier". "Ich habe in den vergangenen Monaten leider nicht feststellen können, dass die Bundesregierung der Medienpolitik einen höheren Stellenwert beimisst." Kralinger bleibe aber "optimistisch, dass die nächsten vier Jahre dieser Regierung aus medienpolitischer Sicht erfreulicher verlaufen werden als das vergangene Jahr". Die Situation für die Medien habe sich im Frühjahr durch die Kürzung der Presseförderung und der damit verbundenen Einstellung der "Salzburger Volkszeitung" zugespitzt. "Das war ein schmerzlicher Einschnitt, keine Frage. Trotzdem gab und gibt es eine intakte Gesprächsbasis mit dem Medienminister, den Klubobmännern und den Mediensprechern."

Hoffen auf Leistungsschutzrecht

Bewegung erwartet Kralinger etwa beim Thema Leistungsschutzrecht. Deutschland und Spanien sollen als Vorbild für das österreichische Modell dienen. Die Umsetzung des Urheberrechtspakets dürfte aber erst nach der Wirtschaftskammerwahl im Februar 2015 erfolgen, heißt es dazu in Regierungskreisen. Grund dafür ist die im Paket neben dem Leistungsschutz geplante Festplattenabgabe, die sich in der Wirtschaft nicht allzu großer Beliebtheit erfreut und den Ablauf der Wahl offenbar nicht stören soll.

Die Reform der Presseförderung liegt indes für längere Zeit auf Eis. "Medienminister Ostermayer hat eine Reform der Presseförderung für 2016 in Aussicht gestellt. Da nehmen wir die Politik beim Wort und werden nicht lockerlassen", sagt VÖZ-Präsident Kralinger dazu.

Die Regierung erwartet beim heißen Eisen Presseförderung freilich einen akkordierten Vorschlag der VÖZ-Medien. Die Verleger verweisen hingegen auf eine Studie des im Frühjahr verstorbenen Kommunikationswissenschafters Hannes Haas. "Haas hat mit seiner Studie ein sinnvolles Fundament für eine Reform gelegt. Darauf sollten wir aufbauen", schlägt Kralinger im "Journalist" vor. (APA, 29.10.2014)