Christoph, Florian und Wolfgang Köchert.

Foto: A.E. Köchert

Wäre da nicht die große dunkelblaue Fahne und das Firmenwappen an der Hausfassade, müssten Unkundige schon genauer hinschauen, wo am Neuen Markt in Wien der ehemalige k. u. k. Hof- und Kammerjuwelier A. E. Köchert sein Stammhaus hat. Keine überladenen Auslagen, keine aufdringliche Beleuchtung.

Drinnen ist das Flair der zwei Jahrhunderte zu spüren, die das Familienunternehmen heuer feiert. Dem befreundeten Gründerzeit-Architekten Teophil Hansen hat Familie Köchert die noch im Original erhaltene Geschäftseinrichtung zu verdanken. Richtig protzig geht anders, auch wenn jede Menge Karat im Hause sind und die offizielle Eröffnung der Sonderausstellung "Der Juwelier der Kaiser. 200 Jahre A. E. Köchert" mit allerlei Promis und Gästen der Wiener Gesellschaft gefeiert wurde, die auch für Schlagzeilen im Boulevard sorgten.

Die bis heute erhaltene Einrichtung im Wiener Stammhaus.
Foto: A.E. Köchert

Dezente Qualität

"Wir sind nicht laut, sondern eher leise", sagt Wolfgang Köchert. Das Familienunternehmen setze auf verhältnismäßig dezente Schmuckstücke, die ihren Wert erst auf den zweiten Blick verraten. Kenner würden die Handschrift des Juweliers dennoch erkennen. Laut Christoph Köchert ist ein neuer Trend erkennbar, vor allem bei den Kunden aus dem Osten. Sie hätten die Marken satt und setzten dafür mehr auf Individualität: "Einen Zweikaräter kann man auch ganz schlicht tragen."

Ein Großteil aller Schmuckstücke entsteht immer noch im Stammhaus am Neuen Markt. Spezialanfertigungen werden oft lange geplant und vieles wie in alten Zeiten per Hand gezeichnet. Sogar der alte Goldschmiedetisch steht noch in der Werkstatt.

Ein alter Goldschmiedetisch mit Werkzeug und Glaskugeln, die für bessere Sicht auf die Schmuckstücke sorgten.
Foto: A.E. Köchert

Doch auch Hilfsmittel wie 3-D-Drucker halten langsam Einzug, so entstehen Prototypen der neuen Kollektionen. Köchert arbeitet auch mit dem jungen Designer Sebastian Menschhorn zusammen. Zum Jubiläum haben Künstler wie Erwin Wurm, Xenia Hausner, Peter Kogler und Herbert Brandl Schmuckstücke entworfen.

Ring von Eva Schlegel (li. o.), Brillant-Armreif von Sebastian Menschhorn (re. o.), Ameisen-Collier von Peter Kogler (li. u.), Links-rechts-Ohrringe von Xenia Hausner.
Foto: A.E. Köchert
Diese Fuchsienbrosche schenkte Kaiser Franz Josef der österreichischen Schauspielerin Katharina Schratt um ca. 1900.
Foto: Dorotheum

Sisis kostbare Sterne

Die bekanntesten Schmuckstücke des Wiener Juweliers sind aber dank Franz Xaver Winterhalters Sisi-Gemälde die kostbaren kunstvoll ins Haar geflochtenen Diamantsterne der Kaiserin Elisabeth. In den 1850er-Jahren löste Alexander Emmanuel Köchert damit einen regelrechten Modetrend in ganz Europa aus.

Entwürfe für Sisis Sterne.
Foto: A.E. Köchert

Den ersten kaiserlichen Auftrag verschaffte dem Familienbetrieb Fürst Metternich – in Form einer Golddose für den türkischen Botschafter. Der Staatskanzler hatte anno 1814 die kaiserliche Residenzstadt mit dem Wiener Kongress in den Mittelpunkt des politischen Geschehens gerückt und gleichzeitig goldene Zeiten für die ansässigen Juweliere eingeläutet. Die nach Wien gekommenen Damen und Mätressen der Fürsten und Diplomaten wollten bei den prunkvollen gesellschaftlichen Anlässen glänzen. So kam es, dass das damals noch als Pioté et Köchert geführte Unternehmen zum k. u. k. Hof- und Kammerjuwelier ernannt wurde.

Diese Sterne steckte sich die Kaiserin ins Haar.
Foto: A.E. Köchert

Sisis Sterne beschäftigen die drei Goldschmiede vor Ort immer noch: sie fertigen sie nach wie vor neben den modernen Schmuckkreationen. Und wie eh und je gibt es auch adelige Stammkundschaft: Prinz Ernst August von Hannover ist eine ganze Vitrine der Sonderausstellung gewidmet: zu sehen ist etwa ein Armband aus vergoldeten Champagnerkorken, auf dem die Hobbys seiner Noch-Ehefrau Caroline abgebildet sind oder der so genannte Bible-Belt - ein Gürtel mit Schnalle, der Platz für eine digitale Speicherkarte hat. (Marietta Adenberger, derStandard.at, RONDO, 4.11.2014)

Vitrine mit den Stücken für Prinz Ernst August. l.u.: die Champagnerkorken, r.h. der Bible-Belt.
Foto: A.E. Köchert
Die Sonderausstellung führt Besucher über eine Wendeltreppe in den oberen Stock des Hauses am Neuen Markt. Zu sehen sind einzigartige Schmuckstücke aus zwei Jahrhunderten.
Foto: A.E. Köchert