Chillax, Alter! Ich sehe Junge mit elf, zwölf, dreizehn am Shisha-Pen saugen, sich Shots reinleeren, Zigaretten austreten. Gras gibt's in Wien an jeder Ecke, an jeder zweiten Ecke wird es auch geraucht. Die Kids im schulpflichtigen Alter haben gar nicht mehr das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, etwas Illegales.

So gesehen wäre die Cannabis-Legalisierung nur ein Nachvollziehen der sogenannten gesellschaftlichen Wirklichkeit. Endlich Schluss also mit der milchsauren Bigotterie, in der Erwachsene "nicht inhalieren", Alkohol natürlich nicht Konsummittel ist und den Kids Gebote erteilt werden, die sich selbst längst ausgehebelt haben.

Also chillax legal, Alter, und reich Mama den Ofen rüber. Ganja-Farming könnte dann auch gleich in die Liste der Zukunftsberufe aufgenommen werden.

Super, oder? Win-win. Auch für den Staatssäckel.

Gar nicht super. Nicht weil einer Verbotskultur aus den Zeiten schwarzer Pädagogik das Wort geredet werden soll, sondern weil Cannabis mit totaler Freigabe eine offizielle Bewertung als "normales" Konsumgut erhält, die Heranwachsenden nicht nützt und - die Neurobiologie weiß das - gerade in der Pubertät riesige Schäden anrichten kann.

Freigeben bedeutet, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen, denn: Wo bleibt die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Rauschmitteln und Konsumdrogen? Wir brauchen eine, die dann auch in den Familien hilft, Diskussionen zum Bewusstmachen zu führen. (Karin Bauer, DER STANDARD, 29.10.2014)